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Donnerstag, 26. Juli 2012

Mitteldrin statt nur dabei - erster Mittelkalibertag von Rheinmetall





Vom schweren Maschinengewehr auf einem Patrouillenfahrzeug über die Maschinenkanonen in Schützenpanzern und Kampfflugzeugen bis hin zum Flugabwehrgeschütz – eine Vielzahl von Effektoren internationaler Streitkräfte nutzt auf den heutigen und auch zukünftigen Gefechtsfeldern Mittelkalibermunition.

Auch Rheinmetall bietet eine umfangreiche Auswahl an Mittelkalibermunition an. In seinem Erprobungszentrum Ochsenboden (EZO) bei Studen in der Schweiz führte das wehrtechnische Systemhaus Ende Juni 2012 erstmals seinen „Medium Calibre Day“ durch. Ein internationales Fachpublikum erhielt so Einblicke in Rheinmetalls umfangreiche Aktivitäten auf diesem Sektor.




PELE – Penetrator mit erhöhtem lateralen Effekt
Um die Effektivität herkömmlicher Mittelkalibermunition zu erhöhen, hat Rheinmetall seine PELE-Munition („Penetrator mit erhöhtem lateralen Effekt“) entwickelt.

Komponenten des PELE-Geschosses. Foto: JPW

Das besonders konstruierte Projektil kombiniert zwei Werkstoffe mit unterschiedlich hohen Dichten. Daher enthält es keinen Zünder oder Explosivstoff, wirkt aber sowohl durch hohe Durschlagsleistung, als auch durch Splitter-, Blast und Brandeffekt. PELE ist sowohl als Voll- als auch als Subkaliber erhältlich. PELE-Munition ist kosteneffizient, lässt sich gut handhaben und lagern und auch für die Schießausbildung nutzen, da keine Gefahr von Blindgängern besteht.

Frangible Munition (FAP)
Auch Rheinmetalls Frangible Armour Piercing (FAP)-Munition im Vollkaliber zeichnet sich durch Vielseitigkeit und hohe Wirksamkeit aus. Weiterhin ist die Technologie für durchschlagsstärkere Subkalibermunition erhältlich.


Penetrator des FAPDS-Geschosses. Foto: JPW

Diese Variante nennt sich Frangible Armour Piercing Discarding Sabot (FAPDS). Im Vergleich zu herkömmlicher High Explosive (HE)-Munition ist FAP und FAPDS-Munition deutlich vielseitiger und wirksamer.

Beschussvorführungen

Beide Munitionssorten führte Rheinmetall auf dem Mittelkalibertag vor. Aus 100 Metern Entfernung schossen die Tester eine 30 x 173 mm High Explosive Incendiary (HEI) sowie eine PELE auf einen Flugzeugzielaufbau. Dieser besteht aus einer 2mm-Aluminiumplatte im Winkel von 70 Grad, der im jeweiligen Abstand von 30 Zentimetern acht weitere 2mm starke senkrechte Aluminiumplatten folgen.


Zwei Flugzeugzielaufbauten (links und Mitte) sowie der Kampfhubschrauber-Zielaufbau (rechts). Foto: JPW

Anschließend wirkte eine 30 x 173 mm FAPIDS-T (Frangible Armour Piercing Incendiary Discarding Sabot with Tracer) aus 100 Metern Entfernung auf ein simuliertes Kampfhubschrauberziel. Hier stand dem Geschoss zunächst eine im 30-Grad-Winkel stehende 10mm RHA starke Panzerplatte gegenüber, gefolgt von einer um 60 Grad geneigten 2mm starken Stahlplatte 70 cm dahinter und dann drei senkrecht stehenden 2mm-Aluplatten im Abstand von 60 bzw. 70 Zentimetern.


Die Beschussversuche konnten über einen Monitor mitverfolgt werden. Foto: JPW

Anhand der Stahl- und Aluminiumplatten ließ sich die deutlich höhere Durchschlagskraft und Wirkung im Ziel eindrucksvoll nachvollziehen.



Wirkung der HEI: Hier zeigen die letzten Platten keine Treffer... 

...während die PELE deutlich mehr Wirkung entfaltet...


...und auch die FAPIDS-T die Panzerplatten mühelos durchdringt. Fotos: JPW 

Air Burst Technologie für Schützenpanzer
Im Vergleich zu bisher genutzten 20-mm oder 25-mm-Maschinenkanonen erreicht die Mittelkalibermunition 30 x 173 mm nicht nur größere Reichweiten und bessere Wirkung im Ziel. Ihr großer Vorteil gegenüber den kleineren Kalibern liegt darin, dass sie sich darüber hinaus mit einem programmierbaren Zünder versehen lässt, ohne an Wirkung einzubüßen. So rückt die deutsche Bundeswehr von dem bisher im Schützenpanzer Marder genutzten Kaliber 20 x 139 mm ab und beschafft für ihren neuen Schützenpanzer Puma Rheinmetalls Maschinenkanone MK30-2ABM (Air Burst Munition) als Hauptwaffe.
Beschuss eines Sandsackbunkers mit 30 x 173 mm ABM. Foto: JPW
Jedes Geschoss der ebenfalls von Rheinmetall gelieferten 30 x 173 mm Air Burst Munition wird erst beim Verlassen des Rohres an der Mündung programmiert. Im Gegensatz zur Programmierung bei der Zuführung der Munition bietet das den Vorteil, dass die genaue Anfangsgeschwindigkeit des jeweiligen Geschosses ermittelt wird und diese bei der Programmierung des Luftsprengpunktes berücksichtigt wird. Das trägt zur höheren Wirksamkeit bei.
Waffen mit Fremdantrieb: Wotan und RMG.50
Eine Premiere vor größerem Publikum  feierte Rheinmetalls 30-mm-Maschinenkanone Wotan, von der ein Prototyp auf dem Mittelkalibertag schoss. Diese fremdangetriebene Waffe kann bis zu 200 Schuss pro Minute verschießen und zeichnet sich ebenfalls durch die Airburst-Technologie aus.

30mm Wotan-Maschinenkanone. Gut erkennbar ist die Programmiereinheit an der Mündung. Foto: JPW 
In Rheinmetalls Lance-Turm erreicht sie zudem eine Rohrerhöhung von 60 Grad und lässt sich jederzeit unter Panzerschutz nachladen. Die Wotan-MK ist voraussichtlich ab 2015 serienreif verfügbar.
Ebenfalls übereinen Fremdantrieb verfügt Rheinmetalls neues Maschinengewehr RMG50 im Kaliber 12,7 mm.

RMG.50 im scharfen Schuss. Foto: JPW

Neben herkömmlicher Munition im Kaliber .50 Browning (12,7 x 99 mm) kann es eine derzeit bei Rheinmetall in der Entwicklung befindliche Hochleistungsmunition verschießen, deren Leistungsfähigkeit mit der des Kalibers 14,5 mm vergleichbar ist. Optimiert ist die Waffe für Remote Control Weapon Stations oder als Sekundärbewaffnung für Mittel- oder Großkaliber-Turmsysteme. Das RMG.50 wird ab Mitte 2013 in low rate initial production hergestellt, die Serienfertigung beginnt  2014.

Die Mischung macht es!
Aller Vielseitigkeit zum Trotz: Die Universal-Mittelkalibermunition für alle Ziele an Land, in der Luft und auf See in allen denkbaren Entfernungen und Szenarien gibt es nicht.
High Explosive Incendiary (HEI)-Geschosse eignen sich vornehmlich für die Flugabwehr, für maritime Anwendungen, für den Kampf am Boden sowie für Unterdrückungsfeuer. Geht es gegen harte Ziele, Luftfahrzeuge oder Kampfhubschrauber, ist Armour Piercing Fin Stabilized Discarding Sabot (APFSDS)-Munition Mittel der Wahl.
Die FAP-Technologie zeigt sich gegen Seeziele, Flugzeuge, Flugkörper, Gefechtsfahrzeuge sowie gegen Ziele im urbanen Umfeld als äußerst wirkungsvoll – und das auf bis zu 3 000 Meter! Gleiches gilt für Vollkaliber PELE, allerdings auf kürzere Kampfentfernungen von bis zu 1 500 Metern.
Air Burst Munition bietet die vielseitigsten Anwendungsbereiche und wirkt darüber hinaus auch gegen Flächenziele, ist allerdings auch verhältnismäßig teuer.

Rheinmetalls Empfehlung für einen zeitgemäßen Munitionsmix lautet daher:
-       APFSDS gegen harte Ziele,
-       ABM gegen Spezialziele und Flächenziele,
-       FAPDS und PELE gegen alle anderen Ziele, abhängig von der Kampfentfernung. 

Darüber hinaus gilt: Für den Erfolg auf dem Gefechtsfeld ist aber zunächst einmal die Ausbildung entscheidend. Hierfür sollte entsprechende Trainingsmunition eingesetzt werden.

Text: JPW (mit Hintergrundmaterial von Rheinmetall)