Berlin (ww) Nach der eskalierten Diskussion über die Einsatztauglichkeit des G36 in den letzten Monaten hat die politische Führung im Einvernehmen mit der militärischen Führung der Bundeswehr nun eine Entscheidung getroffen: Das G36 kommt aus der Nutzung. Das teilte die Rüstungsstaatssekretärin Dr. Katrin Suder heute den Obleuten im Verteidigungsausschuss mit.
Da nun Anforderungen an ein neues Sturmgewehr und der Bedarf festgelegt worden sind, soll der Generalinspekteur der Bundeswehr eine Auswahlentscheidung treffen. Die Arbeiten zur Erstellung der Forderungen an das System Sturmgewehr Bundeswehr sollen bis Mitte November 2015 abgeschlossen sein.
Das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr nimmt des weiteren zur Vorbereitung der Ausschreibung derzeit eine umfassende Marktsichtung vor, um ein möglichst breites Anbieterspektrum zu erreichen. Unabhängig davon laufen noch die Projekte „Sturmgewehr Spezialkräfte leicht“ und „Sturmgewehr Spezialkräfte schwer“. In der September-Ausgabe der „Europäischen Sicherheit&Technik“ gibt es daher einen Überblicksartikel, was sich im Handwaffenbereich derzeit weltweit so tut.
Auffällig an der G36-Debatte erschien jedenfalls, daß es bezüglich der Beurteilung der praktischen Relevanz erkannter (und teilweise bereits lange bekannter) Schwachstellen des G36 unterschiedliche Bewertungen gab und gibt. So sind trotz aller medialer Skandalisierung bis heute von Seiten seiner Nutzer im In- und Ausland kaum Beschwerden über die Waffe zu hören – sofern die von einem Sturmgewehr erwartbare Leistungsfähigkeit als Kriterium dient und Ausbildungsaspekte in die Beurteilung mit einbezogen werden. Bei der nun folgenden europaweiten Ausschreibung gilt es, diese Aspekte auch zu berücksichtigen.
Die stellenweise mehr als unglücklich verlaufene G36-Diskussion hatte wenigstens ein gutes: Sie ließ das Thema individuelle Feuerkraft des Bundeswehrsoldaten in das öffentliche Bewusstsein rücken. Allerdings griff die Debatte fast immer zu kurz. Feuerkraft – darauf erlaube ich mir immer wieder hinzuweisen – ist keine bloße Frage der (Waffen-)Technik und Ausrüstung, sondern vor allem eine Frage der Ausbildung und der Einstellung, insbesondere der Kampfbereitschaft. Sollte der Dienstherr es also schaffen, seinen Soldaten – so wie geplant beginnend ab 2019 – querschnittlich eine leichte und führige Handwaffe auszugeben, die ein Munitionsspektrum von der Manöverpatrone bis hin zum endphasengelenkten Luftsprengpunktprojektil verschießt und dabei die Präzision eines Scharfschützengewehres aufweist, selbst nachdem sie als leichtes Maschinengewehr eingesetzt wurde, stellt das nicht einmal die halbe Miete dar. Der Soldat muß nach wie vor kämpfen wollen und können – und sich daher kampfbereit halten.