Ein Airbus betankt zwei Tornado-Kampfflugzeuge. Foto: Bundeswehr/Ingo Bicker |
Viel Interpretationsspielraum lassen die „Wahrnehmung von Verbindungs-, Beratungs- und Unterstützungsaufgaben (…) im Rahmen der internationalen Allianz gegen IS“ sowie die „Gewährleistung von Führungs-, Verbindungs-, Schutz- und Unterstützungsaufgaben für die Durchführung des Einsatzes deutscher Kräfte, dabei ggf. auch Rettung und Rückführung isolierten Personals“ zu. Unter diesen beiden etwas nebulösen Punkten lassen sich sinnvolle Maßnahmen in einem Anti-Terror-Krieg verbergen: Etwa Aufklärungs- oder Train and Assist-Einsätze durch Spezialkräfte oder Bekämpfung von Hochwertzielen mit Mitteln der streitkräftegemeinsamen taktischen Feuerunterstützung vom Boden aus. Ansonsten nämlich erscheint der Anti-IS-Einsatz trotz seines verhältnismäßig hohen Personalaufwandes nicht viel mehr als Symbolpolitik zu sein.
Eines steht fest: Der Kampf gegen den IS liegt absolut im sicherheitspolitischen Interesse Deutschlands. Aber wer in einen umgangssprachlichen Krieg ziehen will, der muß zunächst einmal eine Vorstellung davon haben, wo dessen sicherheitspolitisches Ziel liegt. Und dies kann aus deutscher Sicht nur sein, erstens dem mörderischen Treiben des IS ein Ende zu bereiten und so zweitens zu beginnen, ein sicheres und stabiles Umfeld in Syrien zu schaffen, um drittens den aus dieser Region zu uns geflüchteten Menschen eine Perspektive für ihre Rückkehr in ihre Heimat zu eröffnen. Nur: Dieser Kampf wird bereits auf deutschem Boden beginnen müssen, nämlich durch ein konsequentes Vorgehen gegen islamistische Strukturen hierzulande. Sonst verwandelt sich in absehbarer Zeit der Ruheraum in einen Aktionsraum. Und er muß dann auch im eigentlichen Einsatzgebiet am Boden entschieden werden. Im Hinblick darauf wäre zunächst zu prüfen, inwieweit die seit Jahren sträflich vernachlässigte Bundeswehr dafür personell, materiell, intellektuell und vor allem im Hinblick auf Aufwuchs- und Durchhaltefähigkeit aufgestellt ist. Ein weiterer wichtiger Schritt wäre es, wehrfähige und wehrwillige Männer und Frauen aus der Region in den hiesigen Flüchtlingslagern zu rekrutieren, auszubilden, auszurüsten, beim Freikämpfen ihrer Heimat zu unterstützen und anschließend beim Wiederaufbau ihres Landes langfristig mit Mitteln der Entwicklungshilfe zu begleiten. Hier müssen dicke Bretter gebohrt werden. Auf jeden Fall braucht es dazu mehr, als Tornados, Tanker und Takelage.
Das Parlament wäre gut beraten, seiner vernachlässigten Parlamentsarmee den Syrien-Einsatz in der jetzigen Form zu ersparen und insbesondere von der Richtlinienkompetenzträgerin innerhalb der Bundesregierung eine Rückbesinnung auf Sicherheitspolitik zu verlangen.
Jan-Phillipp Weisswange