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Montag, 27. Januar 2014

Im Gleichstellungsschritt - Marsch!

Soldatinnen gehören selbstverständlich zur Truppe. Aber ihre Integration und Akzeptanz lässt sich weder befehlen noch bureaucratisch herbeiverwalten. Ein Kommentar zur aktuellen Debatte.

Unsere weiblichen Kameraden stehen längst ihren Mann. Ihre Integration und Akzeptanz lässt sich aber weder befehlen noch bureaucratisch herbeiverwalten. Foto: Bundeswehr/Schoene


Vor wenigen Jahren leistete ich eine Wehrübung in meinem Bataillon ab. An der Tür meines tüchtigen S3-Offiziers fielen mir zahlreiche dort aufgeklebte Jubelartikel einschlägiger Publikationen auf, die von den ersten weiblichen Kompaniechefs berichteten. Auf meine Frage, was der Hintergrund dieser ungewöhnlichen Dekoration sei, antwortete mir der Hauptmann: „Herr Major, seit zwei Jahren warte ich darauf, eine Kompanie übernehmen zu können. Die weiblichen Kameraden, über die hier berichtet wird, sind zum Teil deutlich jünger als ich. Sie sind daher meine leuchtenden Vorbilder. So gut wie diese Übersoldaten möchte ich auch mal werden.“

Keine Frage: Wer mit offenen Augen durch die Bundeswehr schreitet, den überraschen die Ergebnisse der jüngst veröffentlichten Studie „Truppenbild ohne Dame“ des Potsdamer Zentrums für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften (ZMS) nicht wirklich.


Einige Highlights im Vergleich zur Vorgängerstudie 2011:

– Der Prozentsatz der Männer, die einen Verlust an militärischer Kampfkraft infolge der Integration von Frauen wahrnehmen, ist von 33 auf 36 Prozent gestiegen.
– Dass sich die Bundeswehr infolge der Integration zum Schlechteren entwickelt hat, glauben nun 57 statt vorher 52 Prozent.
– Die Meinung, man könne mit Frauen gut zusammenarbeiten, wird nun von 77 Prozent im Vergleich zu 83 Prozent in 2005 vertreten.
– Die Skepsis der Männer gegenüber Frauen in Vorgesetztenfunktionen ist gewachsen. 2005 hielten 15 Prozent der Männer Frauen für Vorgesetztenfunktionen für ungeeignet, 22 Prozent in 2011.
– Das Gerechtigkeitsempfinden der männlichen Soldaten ist noch stärker sensibilisiert als dies vorher der Fall war. Dass Frauen zu positiv bewertet werden, glauben nun 51 statt vorher 39 Prozent; bessere Karrierechancen werden ihnen von 62 Prozent statt vorher 53 Prozent attestiert; dass von Frauen weniger erwartet wird, glauben nun 49 statt vorher 45 Prozent; und 33 Prozent statt vorher 15 Pro-zent sehen Frauen durch militärische Vorgesetzte besser behandelt.
– Dass die Integration noch großer Anstrengungen bedarf, glauben 48 Prozent in 2011; in 2005 taten dies lediglich 22 Prozent der Männer.
Die vorliegende Untersuchung konnte darüber hinaus die folgenden Problembereiche identifizieren:
– militärische Effektivität;
– das Problem des Vertrauens;
– die Vereinbarkeit von Familie und Dienst;
– sexuelle Belästigung sowie
– eine nachlassende Attraktivität der Bundeswehr als Arbeitgeber.

Um so mehr überrascht dafür die erste Reaktion des Bundesministeriums der Verteidigung auf die Studie. „Die Daten aus dem Jahr 2011 zeigen, dass die Bundeswehr mit der gestarteten Attraktivitätsoffensive auf dem richtigen Weg ist und wir an vielen Punkten anzusetzen haben. Wir müssen die Karrierepfade für Frauen gangbarer machen, die Vereinbarkeit von Dienst und Familie zügig vorantreiben und auch besser sichtbar machen, wie sehr die Bundeswehr von der wachsenden Zahl Frauen in der Truppe profitiert. Die Bundeswehr braucht die fähigsten Köpfe und davon sind ebenso viele weiblich wie männlich“, so lässt sich Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen am 24. Januar auf der Homepage des Ministeriums zitieren. Vor dem Hintergrund der Studienergebnisse darf man gespannt sein, wie tief die Akzeptanzwerte in der nächsten Studie weiter sinken werden, wenn weiter Gleichstellung befohlen wird.

Dabei scheint mir das Problem weniger bei unseren weiblichen Kameraden zu liegen, denn die stehen schon lange "ihren Mann" in der Truppe. Ursächlich für manches Ungemach zeigen sich viel mehr die Auswüchse der Verteidigungsbureaucratie, die mit der Öffnung aller Tätigkeitsbereiche für Frauen einhergingen. Und man darf schon jetzt gespannt sein, was nach dem Schwachsinn der gegenderten Vorschriften oder dem “Soldatinnenundsoldatengleichstellungsdurchsetzungsgesetz“ als nächstes im Fahrwasser der erschreckenden Ergebnisse der jüngsten ZMS-Studie folgt.

Sensibilität ist geboten! Denn nur wer glaubt, daß sich heutige Kriege ohne Wehrpflicht, aber dafür mit geschlechtsneutral formulierten Vorschriften, höherer Führerdichte dank Dienstgradinflation, dezentralisierten Zentren für alles mögliche, Rechtsberatern, Abgassonderuntersuchungen, Mülltrennung und den Weihen zivilwirtschaftlicher Management-Modeerscheinungen gewinnen lassen, der belässt es auch dabei, der Truppe Integration und Akzeptanz weiblicher Kameraden zu befehlen oder auf dem Verwaltungsweg herbeiführen zu wollen.

Angesichts unabsehbarer sicherheitspolitischer Entwicklungen wünscht man sich überdies, die Profi-Einsatzarmee würde zur Landesverteidigungsstreitmacht weiterentwickelt, die ihren Beitrag sowohl von Staatsbürger als auch Staatsbürgerin in Uniform einfordert. Aber so viel Gleichstellung ist wohl nicht fortschrittlich genug.

Jan-Phillipp Weisswange