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Sonntag, 9. Oktober 2016

Schnell, stark und simpel: Fahrzeuge für Spezialkräfte

(ww) Besondere Aufträge erfordern besondere Mobilität. Special Operation Forces (SOF)-Fahrzeuge steigern nicht nur die Beweglichkeit, sondern auch Einsatzwert und Kampfkraft von Spezialkräften.
KMW Special Operations Vehicle (Foto: KMW)


Militärische Spezialkräfte – Special Operations Forces (SOF) – sind ein operatives bzw. strategisches Hochwertinstrument. Sie erfüllen unterschiedlichste Aufträge. Zu ihren Kernaufgaben gehören unter anderem:
* Direct Action (DA; Kampfeinsätze gegen Ziele strategischer und/oder operativer Bedeutung);
* Special Reconnaissance (SR; Spezialaufklärung = Gewinnen von Schlüsselinformationen für die strategische und operative Führungsebene);
* Hostage Rescue & Recovery (Retten und Befreien von Personen aus Gefangenschaft, Geiselnahme oder terroristischer Bedrohung);
* Counterterrorism (CT; offensive Maßnahmen zur Abwehr terroristischer Bedrohung und Kampf gegen subversive Kräfte);
* Military Assistance (MA, Zusammenarbeit und Ausbildungsunterstützung bei Sicherheitskräften in Partnerstaaten);
* Unconventional Warfare (UW; unkonventionelle Kriegführung);
* Covert Operations (verdeckte Operationen im Aufgabenspektrum der Streitkräfte).

Die Einsatzaufgaben sind weltweit und in allen Klimazonen zu erfüllen – oftmals in schwer zugänglichem und/oder vom Gegner kontrollierten Gebiet bzw. in feindlicher Umgebung. Wesentliche Erfolgsfaktoren für Spezialkräfteeinsätze sind Geheimhaltung, gute Aufklärung und Einsatzplanung sowie Entschlossenheit, Schnelligkeit und Präzision.
Aus dem umfangreichen Aufgabenspektrum und den operativen Rahmenbedingungen folgt, dass speziell ausgestattete SOF-Fahrzeuge die Kampfkraft der Spezialkräfte erheblich steigern können. Sie dienen vornehmlich zur Aufklärung, Verbindung, Verbringung, Versorgung und auch zum Kampf.
 
Anforderungen an SOF-Fahrzeuge: Die „fünf L“
Aus Einsatzaufgaben und Rahmenbedingungen ergeben sich zudem die grundsätzlichen Anforderungen an SOF-Fahrzeuge.

LATV der US-Spezialkräfte verlässt eine CH-47. Foto: U.S. Army
Sie lassen sich auf den gemeinsamen Nenner „schnell, stark und simpel“ bringen. Als wesentliche Kriterien gelten dabei: leicht, luftverladbar, leistungsfähig, letal und lapidar:

Leicht und luftverladbar: Die Forderung nach geringem Gewicht ergibt sich vor allem aus der Luftverladbarkeit, die sich wiederum aus dem Kriterium der Geheimhaltung ableitet. Oftmals lässt sich der Einsatzraum für Spezialkräfte nur im Hubschraubertransport einigermaßen unerkannt erreichen. Das Verbringen eines markanten Fahrzeugs als Außenlast kann ggf. schon deutliche operative Nachteile aufweisen – jedenfalls bei der Infiltration. Leichtes Gewicht bedeutet zugleich gewisse Abstriche beim ballistischen, IED- und Minenschutz. Modular zurüstbare Schutzaufbauten erscheinen dennoch wünschenswert.

Leistungsfähig: Hohe Geschwindigkeit, Geländegängigkeit und Reichweite sind im Hinblick auf Mobilität und Durchhaltefähigkeit unabdingbar. Die oftmals umfangreiche Bewaffnung, persönliche Ausrüstung, Aufklärungs- und Funkausstattung sowie Energieversorgung erfordern weiterhin hohe Nutzlastkapazität.

Letal: Wirkung geht vor Deckung! Hohe Feuerkraft hilft dabei, auch gegen zahlenmäßig überlegene Gegner Feuerüberlegenheit zu erlangen. Ein breiter Waffenmix vom leichten MG über mittleres MG mit hoher Kadenz (in der Bundeswehr ist die Dillon M134 Gatlingwaffe als MG6 projektiert), Granatmaschinenwaffe und schultergestützte Mehrzweckwaffe bis hin zum Lenkflugkörper muss sich oftmals direkt vom Fahrzeug aus einsetzen lassen können.

Lapidar: Im Krieg hat nur das Einfache Erfolg! Gerade für Spezialkräfte gilt daher: Keep it simple and safe (KISS)! Commercial off the Shelf (COTS)-Komponenten bieten den Vorteil, dass sich die Einsatzlogistik oft auf ein weltweites kommerzielles Händlernetz abstützen kann. Dennoch erscheinen komplexe, nur durch Servicewerkstätten zu wartende Technologien eher hinderlich. Auch müssen die Motoren  operationsgebietsüblichen Fusel vertragen können. SOF-Fahrzeuge sollten sich mit einfachen Mitteln im Felde so instandsetzen lassen, dass der Auftrag weiter fortgesetzt oder zumindest ein Aufnahmepunkt schnell und sicher erreicht werden kann. Sollten die Fahrzeuge zurückgelassen werden müssen, sollte dem Gegner keine Hochtechnologie in die Hände fallen.




Yamaha 450 WR in norwegischen Diensten. Foto: MoD Norwegen

Vor allem aus Gewicht und Luftverladbarkeit ergeben sich die Kategorisierungen von SOF-Fahrzeugen. Sie lassen sich – ausgehend vom Leergewicht – in ultraleichte, leichte, mittlere und schwere Klasse unterteilen. Näheres findet sich in meinem Beitrag in der aktuellen „Europäischen Sicherheit & Technik“, Oktober 2016, Seite 84-89. Er ist kostenfrei online verfügbar.

Aufgrund der Geheimhaltung erscheint es je nach Operationsgebiet zweckmäßig, ortsübliche oder die bei der „Linie“ vorhandenen Geschützte Führungs- und Funktionsfahrzeuge zu nutzen – was auch geschieht. Es gibt davon sogar SOF-Varianten – z. B. das Oshkosh M-ATV. Auch werden handelsübliche Fahrzeuge mit oftmals improvisierten Mitteln für SOF-Einsätze optimiert, die dann im Erscheinungsbild den „Technicals“ der Gegenseite gleichen. Den Fuhrpark ergänzen weitere Spezialfahrzeuge wie etwa Sturmleiterwagen für  Zugriffsoperationen.

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