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Dienstag, 13. März 2018

Hessen sucht Mitteldistanzwaffen

Wiesbaden (ww) Die hessische Polizei hat jüngst ihre Ausschreibung für Mitteldistanzwaffen veröffentlicht. Mitteldistanzwaffen (MDW) bringen als begrifflich verhältnismäßig neues Element des polizeilichen Werkzeugkastens oberhalb der Maschinenpistole derzeit Bewegung in die Branche.
Die Mitteldistanzwaffe schließt die Lücke zwischen Maschinenpistole und Sicherungs- bzw. Präzisionsschützengewehr. Hier ein Präzisionsschütze des SEK Frankfurt am Main mit einem FN SCAR-H auf einer Übung (Foto: PP FFM)
In der aktuellen Europäischen Sicherheit&Technik biete ich folgende Arbeitsdefinition an: „Mitteldistanzwaffen sind kompakte Langwaffen im Gewehrkaliber, welche möglichst alle polizeilichen Einsatzkräfte befähigen sollen, gegen militärisch agierende und ausgerüstete, womöglich ballistisch geschützte Gewalttäter auf mittlere Distanzen (bis 100 Meter; wobei dies kein Dogma darstellt) sicher und möglichst ohne Gefährdung Unbeteiligter zu wirken. Sie schließen die Lücke zu Sicherungs- und zur Präzisionsschützenwaffen.“ Etwas anders und kürzer drücken es die Hessen in den Ausschreibungsunterlagen aus: „Die Mitteldistanzwaffe (MDW) dient als kompaktes schultergestütztes Waffensystem für mittlere Einsatzdistanzen. Ihr Einsatzzweck ist die Herstellung polizeitaktisch erforderlicher Waffenüberlegenheit.“

Bemerkenswert erscheint weiterhin, daß der Staat im Herzen Deutschlands eine flächenmäßige Ausstattung mit diesem verhältnismäßig neuen Führungs- und Einsatzmittel plant – also das Konzept des „Streifengewehrs“ verfolgt, wie auch Schleswig-Holstein. Hintergrund: Das hessische Staatministerium verfolgt das Konzept, langfristig alle Polizeivollzugsbeamten als Notfallinterventionsteams (NIT) bei Terror- und Amoklagen einsetzen zu können. Daher ist es vorgesehen, „die aktuell verwendeten Maschinenpistolen durch ein halbautomatisches Gewehr zu ersetzen, welches ein deutlich größeres Leistungsspektrum besitzt und auch für die Bekämpfung der hier in Rede stehenden Bedrohungslagen [militärisch ausgestattete Gewalttäter, ww] besonders geeignet ist.“
Einsatzkräfte mit der Ausstattung für Amok- und Terrorlagen sowie MP5 eilen bei einer Übung ihren unter Beschuss liegenden Kollegen des Streifendienstes (im Vordergrund) zu Hilfe. (Foto: PP FFM)
Aus den jetzt veröffentlichten Ausschreibungsunterlagen geht hervor, daß eine Waffe im Kaliber 5,56 x 45 mm NATO gefordert ist, welche eine Klappschulterstütze aufweisen soll. Damit fallen AR-15-Derivate mit Pufferrohr aus.
Zwei Konfigurationen stehen in Rede: MDW mit Reflexvisier Aimpoint Comp M4 („Set 1“; 1314 Sätze) und MDW mit ZF Steiner M5Xi Modell Hessen („Set 2“, 391 Sätze). Dazu kommen umfangreiches Zubehör und Ersatzteile. Weiterhin sind Ausbildungsversionen Gegenstand der Ausschreibung: 334 Sätze „MDW Set Training“, 150 Sätze MDW Set 1 Markierungssystem (MaSy) und 60 Sätze MDW Set 2 MaSy. Weiterhin gehören Schulungen von Waffenmechanikern und Einsatztrainern zum Ausschreibungsumfang. Optional sind auch Transport- und KFZ-Aufbewahrungskisten zu liefern.
Spezialeinsatzkräfte des SEK Frankfurt am Main. Sie führen derzeit das G36C als Langwaffe. (Foto: PP FFM)

Fertigung im Ausland ist zugelassen, aber Waffen und Zubehör müssen ITAR-frei sein. Die Auslieferung soll am 1. Januar 2019 beginnen und am 31.Dezember 2022 abgeschlossen sein. Der S&T-Blog bleibt an der Geschichte dran!