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Montag, 27. Juni 2016

Eurosatory 2016-Eindrücke Teil I

Paris (ww) Paris bildet dieses Jahr nicht nur die europäischen Fußball-Schlachtenbummler, sondern auch für die Defence-Community ein wichtiges Reiseziel. Relativ zeitgleich mit dem Beginn der UEFA Euro 2016 öffnete die Eurosatory vom 13. bis zum 17. Juni in der Metropole an der Seine ihre Tore. 1.572 Aussteller aus 56 Ländern und 57.018 Besucher aus 151 Staaten trafen sich auf der wichtigsten Rüstungsmesse auf dem europäischen Festland.
Der gemeinsame Messestand von Nexter und KMW auf der Eurosatory 2016. Foto: JPW

Die Eurosatory spiegelte natürlich die gegenwärtigen sicherheitspolitischen Umwälzungen wider. Umfassende Streitkräftemodernisierungen erscheinen inzwischen ernstgemeinter und gelten nicht mehr wie früher als reine Sonntagsrednerei. Weiterhin rückt die Fähigkeitskategorie „Wirkung“ noch mehr in den Vordergrund – und zwar durchaus im Hinblick auf eine symmetrische Kriegführung.
Ein weiteres großes Thema bildete in den letzten Jahren die Konsolidierung des europäischen Rüstungsmarktes. Mit großer Spannung erwartete die Community den ersten gemeinsamen Auftritt des französischen Systemhauses Nexter und des deutschen Wehrtechnikkonzerns Krauss-Maffei Wegmann (KMW). Im ersten Teil der Eurosatory-Eindrücke stehen daher die Systemhäuser KNDS, Rheinmetall und THALES im Mittelpunkt.
KNDS
Ursprünglich unter dem Projektnamen KANT (KMW and Nexter Together) gestartet und zwischenzeitlich unter „Honosthor“ weitergeführt präsentierten sich beide Unternehmen auf der Eurosatory unter der Abkürzung „KNDS – KMW Nexter Defence Systems“.Der KNDS-Stand gehörte wohl zu den größten der Eurosatory. Sowohl Nexter als auch KMW zeigten originellerweise im vorderen Außenbereich ihre Flaggschiffe in unterschiedlichen Produktkategorien: Leclerc/Leopard2A7, VBCI/Boxer (mit unbemanntem 30mm-Turm, so wie durch die litauischen Streitkräfte getestet), Feldhaubitze CAESAR 155mm/Boxer mit Artilleriegeschützmodul 155mm und Titus/Dingo 2 HD. KMW hatte zudem auch sein neues Special Operations Vehicle am Start – ein echter Hingucker!

KMW Special Operations Vehicle. Foto: JPW
Überhaupt fiel die Vielzahl der ausgestellten SOF-Fahrzeugplattformen auf – hierzu demnächst in einem gesonderten Artikel in der Europäischen Sicherheit&Technik mehr.
Nexter stellte in einer Multimediashow seine Aktivitäten beim französischen Scorpion-Projekt vor. Hieran sind auch noch Renault und THALES beteiligt. Im Rahmen von „Scorpion“ sollen die 6x6-Fahrzeugfamilie „Griffon“ und der Spähpanzer „Jaguar“ die bisher genutzten Plattformfamilien VAB und AMX-10 ersetzen und der Kampfpanzer Leclerc fit für die künftigen Gefechtsfelder gemacht werden.

Griffon-Modell bei Nexter. (Foto: JPW)
Der Griffon ist ein vielseitiges 6x6-Fahrzeug und wird... (Grafik: Nexter)

...logistisch abgestimmt auf den Spähpanzer Jaguar (Grafik: Nexter)

Alle Fahrzeuge sollen mit Vetronics-Komponenten ausgestattet und mit neuen Führungssystemen in die Vernetzte Operationsführung eingebunden werden. Ein 1:1-Modell des Griffon war bei Nexter zu sehen, ein Demonstrator dieses Fahrzeugs beim französischen Verteidigungsministerium. Dieses informierte des Weiteren über das Kampfwertsteigerungsprogramm Leclerc Renové.

Kampfwertsteigerungsprogramm Leclerc Renové (Foto: JPW)
Hierzu gehören die Scorpion Vetronics-Komponenten, die Führungsausstattungen SICS (système d'information de combat scorpion) und CONTACT (communication tactique), erweiterte Realität, Blue-Force-Tracking, ein integriertes Simulationssystem, ein verbesserter Minen- und RPG-Schutz, eine verbesserte Feuerleitanlage sowie das Jammer-Kit „Barrage“.
Naturgemäß unterstrich Nexter auch seine Munitionskompetenz, zu der auch die Fertigung von 125mm-Munition gehört.

Panzermunition aus dem Hause Nexter (Foto: JPW)

40mm CTAS (vorne) und VBCI 2 mit 40mm CTAS-Turm (Foto: JPW)
In der Kavallerie-Community wird darüber hinaus das Cased Telescoped Armament System (CTAS) mit Spannung erwartet. 

Rheinmetall
Rheinmetall stellte mit der Waffenanlage 130mm/L51 einen Demonstrator für eine künftige Panzerhauptbewaffnung im Kaliber 130mm vor.
130mm Waffenanlage L/51 von Rheinmetall... (Foto: JPW)...

...und eine 130mm-Patrone im Vergleich zu einer 120mm. (Foto: JPW)
Idee des Gefechtes ist es, durch eine Kalibervergrößerung um acht Prozent eine Leistungssteigerung von rund 50 Prozent zu erreichen.
Am zweiten Messetag enthüllte Rheinmetall zudem seine neue gepanzerte Kettenfahrzeugplattform Lynx.

Lynx IFV KF31 mit 35mm-Maschinenkanone und Startbehälter für 2 LFK... (Foto: JPW)

...sowie koaxialem RMG 762 (Foto: JPW)
In Paris war eine Schützenpanzervariante der kürzeren Ausführung KF31 zu sehen. KF steht für „Kettenfahrzeug“. Der Lynx IFV KF31 bietet Platz für 3 + 6 Soldaten. In das Fahrzeug, das bewährte Designelemente des „Marders“ übernommen hat, ist ein Lance-Turm integriert. Bemerkenswert ist auch das mit einer elektrisch angetriebenen Rohrwechseleinrichtung ausgestattete RMG762 als Koaxial-Maschinengewehr. Lynx soll es des weiteren noch in der längeren und etwas schwereren Version KF41 geben, bei der sich dann die Absitzstärke um zwei Mann erhöht.
Zwei weitere Rheinmetall-Premieren waren das neue Flugabwehrsystem Skynex einschließlich der neuen vollständig fernbedienbaren, autonomen und netzwerkfähigen Flugabwehrmaschinenkanone Oerlikon Revolver Gun Mk3.

Rheinmetall Oerlikon Revolver Gun Mk3. Foto: JPW
In die 35mm-Plattform ist eine Tracking-Sensor-Einheit mit X-Band-Trackingradar und elektrooptischen Sensoren sowie Komponenten der elektronischen Kampfführung integriert. Das erlaubt eine rasche und autonome Verarbeitung von extern zugewiesenen Zielen.
Die Remote Controlled Lightweight Missile Mount besteht zu weiten Teilen aus Carbon.

Rheinmetall RCLM (Foto: JPW)
Bei einem Gesamtgewicht von rund 100 kg und einer Nutzlast von 150 kg lässt sich die fernbedienbare Waffenstation  in nahezu jedes militärische Fahrzeug integrieren und kann insbesondere Flugabwehr- oder Boden-Boden-Raketen mit kurzer Reichweite verschießen.
Erstmals zu sehen war zudem das neue, von Liebherr hergestellte Geschützte Berge- und Kranfahrzeug (G-BKF). Hier steuert Rheinmetall die geschützten Fahrerhäuser und Krankabinen bei.

THALES
In seinem eigens für die deutschsprachigen Medien durchgeführten Rundgang durch den THALES-Pavillon zeigte das Systemhaus einige Neuigkeiten aus den Bereichen Wirkung, Aufklärung und Führung.
Der THALES Hero 30 startet aus einem kompakten Behälter. Foto: JPW
Für Infanterie und Spezialkräfte gedacht ist der Flugkörper Hero 30. Aus einem Startbehälter abgeschossen, kann er rund 30 Minuten über einem Einsatzgebiet loitern und Hochwertziele bekämpfen. Hero ist darüber hinaus auch in anderen Ausführungen mit längeren Flugzeiten verfügbar.
2R2M-Mörserkampfsystem mit Granate in der Zuführung... (Foto: JPW)

...und feuerbereit (Foto: JPW)
THALES stellte weiterhin sein 120mm-Mörserkampfsystem 2R2M (Rifled Recoiled Mounted Mortar) vor, welches sich gut in gepanzerte Fahrzeuge integrieren lässt.
THALES LML-NG mit Starstreak (links) und Fury (Mitte). (Foto: JPW)
Der Lightweight Multiple Launcher – Next Generation (LML-NG) mit den Lenkflugkörpern Fury und Starstreak war ebenso zu sehen, wie das Sturmgewehrsystem Lithgow Arms F90.

Modulares Sturmgewehrsystem F90 (Foto: JPW)
THALES steht mit dieser Bullpup-Waffenfamilie, die derzeit durch die australischen Streitkräfte beschafft wird,  auch für ein mögliches neues Bundeswehr-Sturmgewehrsystem bereit.
Zu den Exponaten aus dem Bereich Aufklärung zählten unter anderem das in Ditzingen gefertigte Bodenüberwachungsradar Ground Observer 12 der Manpack Recce-Ausstattung, welches in einem Rucksack Platz findet und schnell einsatzbereit ist. Es lässt sich ebenso mit anderen Aufklärungsausstattungen verbinden und über das Führungs- und Informationssystem MUSEC² (Multi Sensor Command & Control) steuern.

THALES Manpack Recce-Ausstattung: SOFIE XF und GO12  (Foto: JPW)
Ab 2018 plant das Systemhaus zudem den Erstflug seines „Stratobus“. Die unbemannte, luftschiffartige Plattform misst rund 100 Meter Länge und bewegt sich in rund 20 Kilometer Flughöhe in der Stratosphäre.

Modell des THALES Stratobus (Foto: JPW)
Der Stratobus kann eine Nutzlast von 250 kg tragen und sowohl zur Aufklärung als auch als Funkrelaisstation dienen. Innerhalb von einer Woche soll es weltweit jeden Einsatzort erreichen können und eine Einsatzdauer von rund einem Jahr haben.
Mit seinem „Synaps“ stellte THALES zudem seine neue Familie taktischer Breitband-Software Defined Radios vor. Synaps basiert auf dem „CONTACT“-Führungssystem, durch die französische Beschaffungsbehörde DGA beauftragt worden ist und die Poilus und deren Waffensysteme ab 2019 in die Vernetzte Operationsführung einbindet. SYNAPS ermöglicht nicht nur die vertikale Kommunikation innerhalb des Führungsverbundes, sondern auch eine horizontale Kommunikation der Akteure auf dem Gefechtsfeld und damit neue Formen des „kollaborativen Kampfes“.
Soweit der erste Teil des Rückblicks! An dieser Stelle mein kollegialer, kameradschaftlicher und herzlicher Dank an: Laetitia, Christian, Oliver, Stephan und Pitt! Der zweite Teil folgt hier.