In der G36-Affäre blieb manch einer auf Tauchstation - allerdings aus anderen Gründen statt den hier gezeigten. Foto: Andrea Bienert/Bundeswehr |
Zu militärischer Führung und Verantwortung gehört es aber auch, Ungnade zu wählen, wo Gehorsam keine Ehre bringt. Wie es um diesen in Sonntagsreden – vornehmlich bei Gelöbnissen um den 20. Juli herum – betonten Grundsatz wirklich bestellt ist, sieht man nicht zuletzt am generellen Zustand der Bundeswehr. Es ist bedauerlich, daß die sicherheitspolitisch weitgehend desinteressierte Öffentlichkeit von der strukturellen, industriellen und intellektuellen Demilitarisierung unseres Landes und erst Recht von der Verwahrlosung der Staatsbürger und Staatsbürgerinnen in Uniform so wenig Notiz nimmt.
Es bleibt zu hoffen, dass die Bundeswehrführung demnächst nicht auf teuren, sondern guten Rat setzt, um die Streitkräfte gemäß ihres verfassungsmäßigen Auftrags neu auszurichten (man darf unterstellen, daß Artikel 87a GG einsatzbereite Streitkräfte meint, die der Bund zur Verteidigung aufstellt). Es braucht keine externen Consultants, um die Streitmacht wieder auf Spur zu bringen. Wohin Managementmethoden statt Unternehmergeist führen, hat schon die produktive Industrie hierzulande schmerzhaft erfahren müssen. Es braucht jetzt alte aber bewährte Tugenden, die dieses Land und seine Armee einst so stark gemacht haben: Führungsstärke, Verantwortungsbewußtsein, Leistungswille, Teamgeist, Charakter und esprit de corps.
Jan-Phillipp Weisswange