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Sonntag, 15. November 2015

Wehrhaftigkeit als Bürgerpflicht

Paris (ww) Eine Nacht des Terrors liegt hinter Europa. Mindestens 128 Menschen sind in Paris extremistischen Attentätern zum Opfer gefallen. Ihren Familien und Freunden gilt unser tiefes Mitgefühl.

Was ist jetzt zu tun? Zunächst heißt es, einen kühlen Kopf zu bewahren. Nur so lässt sich verhindern, dass sich Extremisten gegenseitig aufschaukeln und somit eine Spirale der Gewalt entsteht. Und nur so lässt sich verhindern, daß hektischer Aktionismus vor allem die Rechte der gesetzestreuen Bürger einschränkt. Und dennoch: Ruhe ist jetzt nicht erste Bürgerpflicht, sondern Wehrhaftigkeit!

Zur Verteidigung unserer Wertegemeinschaft gehört an allererster Stelle, Werte zu vermitteln. Nur, wer sich als Angehöriger einer Wertegemeinschaft versteht, ist bereit, unsere Werte zu verteidigen. Was nichts kostet ist nichts wert. Freiheit ist nicht kostenlos. Hält sich niemand zu ihrer Verteidigung bereit, dann ist sie allerdings umsonst.


Wie ernst sich die Lage hierzulande darstellt, ergibt sich aus einer nüchternen Analyse. Das Potential alleine der islamistischen Gefährder in Deutschland liegt mindestens im dreistelligen Bereich. Da erst kürzlich bekannt wurde, daß die Bundesregierung zumindest gegenwärtig kein genaues Lagebild über Zahl und Herkunft der in den letzten Monaten zu uns geflüchteten Menschen hat, muß man sogar von einer Erhöhung des Gewalttäterpotentials ausgehen. Auch bei Links- und vermehrt auch Rechtsextremisten ist die Gewaltbereitschaft signifikant gestiegen und sie wird weiter steigen.

Die Blaupause von Attentaten wie das des 13. Novembers 2015 ist der Terroranschlag von Mumbai Ende November 2008. Seinerzeit zeigte ein aus Pakistan infiltriertes Terrorkommando, welch schreckliche Gewalt sich mit verhältnismäßig wenig Aufwand und Planung erreichen lässt. Einige wenige entschlossene Attentäter, ein paar Handwaffen und Kampfmittel, rudimentäre Kenntnisse der Geographie des Anschlagsortes – mehr braucht es kaum. Es bleibt zu erwarten, dass Extremisten gleich welcher Coleur ihre Kriege in unsere Städte tragen werden. Es heißt also: Wehrhaft bleiben!

Das erfordert präventive Maßnahmen. So sind die Sümpfe trockenzulegen, in denen sich die Extremisten verbergen. Eine Bildungs-, Integrations- und Sozialpolitik muß Werte vermitteln, Orientierung bieten aber auch klare Grenzen setzen. Null Toleranz darf es gegenüber Straftätern geben. Parallelgesellschaften und rechtsfreie Räume dürfen nicht geduldet werden.

Man wird ebenfalls nicht umhin kommen, in einem weiteren Schritt die Flüchtlingsproblematik aktiver anzugehen. Im Inland durch Registrieren, gegebenenfalls Rückführen und Integrieren. Und durch entschlossenes Eingreifen und Ursachenbekämpfung dort, wo Flüchtlingsströme entstehen – mit zivilen, aber auch mit militärischen Mitteln. In diesem Zusammenhang ist zu prüfen, zu uns geflüchtete Menschen für das Freikämpfen ihrer Heimat von Terrorismus zu gewinnen, auszubilden, auszurüsten, zu begleiten und dann beim Aufbau ihrer Heimat zu unterstützen. Anreize für bloße Wirtschaftsflüchtlinge gilt es abzuschaffen – beispielsweise durch die Einführung einheitlicher EU-weiter Sozialleistungen in der Form, die sich der wirtschaftsschwächste EU-Mitgliedsstaat leisten kann. Und es braucht endlich eine Bildungs- und eine Integrationspolitik, die diese Namen verdienen.

Angesichts der seit Mumbai verstrichenen Zeit erscheint es kaum vorstellbar, daß es keine taktischen Konzepte für solche Lagen hierzulande gibt. Diese sind stetig zu aktualisieren. Ähnlich wie bei einer Amoklage kommt es vor allem auf die ersten Kräfte vor Ort an – in der Regel die Kolleginnen und Kollegen aus dem Streifendienst. Der Schutzmann auf der Straße muß also über eine entsprechende Schulung und Ausstattung verfügen. Und er muß sich durch Einsatz- , ja sogar Kampfbereitschaft auszeichnen.

Überhaupt ist die Anpassung unseres sicherheitspolitischen Instrumentariums ein weiterer wichtiger Schritt. Es muß sowohl im Hinblick auf die äußere, aber auch auf die innere Sicherheit flexibler, robuster, schlagkräftiger, aufwuchsfähiger und durchhaltefähiger werden. In diesem Zusammenhang ist zu überlegen, die Bundespolizei zu einer militärisch-polizeilichen Hybridorganisation – die sie als Bundesgrenzschutz einst war – zu restrukturieren. Unabhängig davon: Den Luxus, daß ein Bundeswehrsoldat zwar im Ausland in Nebenfunktion gendarmerieartige Einsätze fährt, aber im Inland de facto allenfalls Sandsäcke beim Hochwasserschutz stapeln darf, wird sich die Bundesrepublik nicht mehr leisten können. Es bedarf ressortgemeinsamer Konzepte für Assistenzeinsätze der Bundeswehr im Rahmen der Inneren Sicherheit. Im Hinblick auf die Durchhaltefähigkeit der Polizei bleibt zu prüfen, neben dem mittleren Dienst sogar wieder den einfachen Dienst – das, was bei der Bundeswehr die Mannschaftslaufbahn ist – einzuführen. Im Hinblick auf die Durchhalte- und Aufwuchsfähigkeit der Streitkräfte und weiterer Hilfsorganisationen wird unser Land um die Fortführung der Wehrpflicht oder um eine allgemeine Dienstpflicht nicht herumkommen.


Klar ist: Ein „Weiter so“ darf es nicht geben. An die Stelle des Wohlfühl-Versorgungsstaates muß wieder die wehrhafte Demokratie treten. Und ebenso klar ist: Es bleibt letztlich die Sache des Staatsbürgers, seine Freiheit zu verteidigen. Insofern sei dieser Tage mit einem Zitat aus Paris an die wehrhafte Demokratie erinnert: Aux armes, citoyens! Formez vos bataillons!

Jan-Phillipp Weisswange