Berlin, München (ww) Vor 205 Jahren, im Februar 1813, bildete sich das Lützowsche Freikorps. Als Reserveoffizier, der einige Zeit in der Theodor-Körner-Kaserne zu Lüneburg dienen durfte, erinnere ich gerade in unseren sicherheitspolitischen Zeiten und vor dem Hintergrund der Bundeswehr-Traditionsdebatte gerne daran.
Der Verband, in dem sich zahlreiche idealistische Staatsbürger während der Befreiungskriege zusammenfanden, um gegen die damalige napoleonische Besatzungsmacht zu kämpfen, trug schwarze Uniformen mit roten Aufschlägen und goldenen Knöpfen. Diese Farben - später in der bürgerlichen Revolution 1848/49 allgegenwärtig - spiegeln sich bis heute in unserer Bundesflagge wider.
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Die Farben unserer Bundesflagge lassen sich unter anderem auf die Uniform des Lützow'schen Freikorps zurückführen (Foto: Whiskey-13) |
Wie weit sind wir heute davon entfernt, uns dieser freiheitsliebenden staatsbürgerlichen Tradition würdig zu erweisen! Die Folgen der mit "Friedensdividende" euphemistisch umschriebenen dreifachen Demobilisierung Deutschlands – stukturell, materiell und intellektuell – lässt sich am deutlichsten anhand des traurigen Zustands der Bundeswehr ersehen. Deren dramatische Lage führt inzwischen selbst im veröffentlichten Meinungsbild zu einem ersten Umdenken. Leider beschränkt sich dies meist nur auf Forderungen nach höheren Haushaltsmitteln. Mit Geld allein ist es freilich nicht getan. Denn selbst wenn in den nächsten Jahren die topmodernste Vollausstattung zulaufen sollte – wer soll diese bewegen und einsetzen? Von dieser sicherheitspolitischen Grundsatzdebatte jedoch bleiben wir noch immer weit entfernt. Und eine Strategic Community, die sich auf sicherheitspolitischen Plauderveranstaltungen selbst befruchtet und in weißen Büchern über volatile Sicherheitsumfelder und Resilienz schwadroniert, ist zwar angenehm und unterhaltsam, entwickelt aber wenig Wirkung.
Freiheit ist nicht kostenlos. Findet sich kaum jemand mehr zu ihrer Verteidigung bereit, dann war sie offenbar umsonst. Einem Staat, dessen Bürger es unter anderem zuließen, daß seine einst stattliche und letztlich von einem Großteil der Staatsbürger selbst getragene Streitmacht auf eine unterfinanzierte, hohl strukturierte, kaum aufwuchs- und durchhaltefähige Profi-Truppe zusammengschrumpft wurde, welche noch dank einiger Idealisten lebt, die aber derzeit nicht zur Landes- und Bündnisverteidigung befähigt ist, dem helfen angekündigte Trendwenden Personal, Rüstung und Haushalt alleine nicht weiter. Einem solchen Staat bleibt vor allem eines zu wünschen: Nämlich daß es noch genug Staatsbürger gibt, die sich im Fall der Fälle auf frühere Traditionslinien der Bundeswehr zurückbesinnen – namentlich die der Heeresreformer, deren Ergebnis Verbände wie die "Lützower" waren. Seinerzeit organisierten quer denkende mutige Staatsleute und progressive militärische Führer sowie engagierte Bürger ihre Wehrfähigkeit neu, um für ihre Freiheit einzustehen.
Freiheit ist nicht kostenlos.
Aber um sie verteidigen zu können, werden sich bloße Haushaltserhöhungen alleine als ungenügend erweisen. Angesichts der derzeitigen und sich abzeichnenden sicherheitspolitischen Herausforderungen für unsere Freiheit und Demokratie – insbesondere die „hybride Kriegführung“ – braucht es heute natürlich zunächst sicherheitspolitisch interessierte und sensibilisierte Staatsbürger. Diese müssen überdies im Fall der Fälle einsatzbereit und willens sein, ihre Freiheit und Demokratie nicht nur in der geistigen, sondern auch in der militärischen Auseinandersetzung zu verteidigen. Oder, um den "Lützower" Theodor Körner zu zitieren, als „Jäger frei und flink die Büchse von der Wand“ nehmen und für ihr Land kämpfen wollen und können. Resilienz reicht nicht, es braucht Resistenz, also Wehrfähigkeit! Es wird höchste Zeit für eine gesamtgesellschaftliche „Trendwende Wehrwille“.
Horrido!
Jan-Philipp Weisswange