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Dienstag, 28. Januar 2020

Kommentar: Fehlende Wehrverfassungstreue

Berlin, Köln (ww) Für Aufsehen sorgen derzeit einmal mehr Meldungen über Fälle von Extremismus und des Verdachts der fehlenden Verfassungstreue einzelner Angehöriger der Bundeswehr. Der Wehrbeauftragte des Bundestags geht in seinem heute veröffentlichten Jahresbericht 2019 ebenfalls darauf ein. (Die Berichte des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages halte ich für staatsbürgerliche Pflichtlektüre. Der heute am 28. Januar 2020 dem Parlament zugeleitete Jahresbericht 2019 findet sich unter diesem Link).
Daß Extremisten jeglicher Coleur in der Bundeswehr ebenso fehl am Platze sind wie Rassisten, Menschenverächter  und sonstige ideologisch Verblendete oder Verwirrte, ist völlig unstrittig. Aufhorchen lässt jedoch der noch relativ neue Tatbestand der "fehlenden Verfassungstreue", den man als Soldat erfüllen kann, ohne Extremist zu sein. Denn Soldaten stehen in einem besonderen Treueverhältnis zu ihrem Staat, dessen Volk und dessen Verfassung.

Die Soldatinnen und Soldaten stehen in einem besonderen Treuerverhältnis zu Volk, Vaterland und Verfassung. Das kam auch in dieser Anzeigenkampagne zum Tag des Grundgesetzes zum Ausdruck. (Foto: JPW)

Jeder Soldat leistet einen Treueeid, der sich auch auf das Grundgesetz erstreckt. Ich fühle mich bis heute als Reserveoffizier meinem Eid verpflichtet, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen, so wahr mir Gott helfe.  Eine "fehlende Verfassungstreue" würde ich somit einem Eidbruch gleichsetzen. Der wiegt bei Soldaten besonders schwer. Wohl auch deshalb legen Soldaten (jedenfalls alle mir bekannten, seien es deutsche oder ausländische Kameraden) ihrerseits bezüglich geleisteter Treueschwüre hohe Maßstäbe an. Da Loyalität eben keine Einbahnstraße ist, erwarten die Soldaten der Bundeswehr von anderen vereidigten Vertreterinnen und Vertretern unseres Staates völlig zu Recht, daß diese ihrerseits zu ihren geleisteten Eiden gegenüber Volk, Vaterland und Verfassung stehen. Angesichts des Zustandes der vernachlässigten Bundeswehr, über den die Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages nicht nur heute, sondern seit etlichen Jahren alarmierendes berichten, könnte sich daher für Soldaten – als Staatsbürger in Uniform sowieso – eine andere provokative Frage stellen: Lässt sich "fehlende Verfassungstreue" bis hin zum Eidbruch nicht viel eindeutiger an anderen Stellen außerhalb der Streitkräfte attestieren?  Zumindest wenn man davon ausgehen kann, daß Artikel 87a GG einsatzbereite Streitkräfte meint, die der Bund zur Verteidigung aufstellt?
Nun lässt sich nicht abstreiten, daß der jetzige Zustand der Bundeswehr das Ergebnis einer aus sicherheitspolitischem Desinteresse gespeisten gesamtgesellschaftlichen Vernachlässigung und nicht das Werk einzelner Verschwörer in Kooperation mit hackenknallenden Schönfärber-Karrieristen ist. Aber eines dürfte doch klar werden: Der Vorwurf fehlender Verfassungstreue ist keineswegs als leichtfertig anzusehen. Ebensowenig darf er leichtfertig erfolgen. Um so dringlicher erscheint mir hier grundsätzlicher Klärungsbedarf geboten. Ist die Kreation eines solchen Tatbestands neben dem der extremistischen Betätigung überhaupt notwendig?  Und falls ja: Wer legt die Maßstäbe für „mangelnde Verfassungstreue“ auf welcher Grundlage fest? Unklarheit führt jedenfalls zu Unsicherheit, was wiederum der Willkür Tür und Tor öffnen kann – mit unabsehbaren schädlichen Folgen für unser freiheitliches, demokratisches und rechtstaatliches Gemeinwesen. Mindestens ebenso schädlich wäre es für unser Gemeinwesen, wenn sich hinsichtlich der Fähigkeit zur umfassenden Landes- und Bündnisverteidigung nicht deutlich mehr täte.
Der Kampf gegen Extremismus ist aller Ehren wert. Und auch wenn jeder Fall ein Fall zuviel ist: Die Bundeswehr führt ihn erfolgreich. Das zeigt unter anderem der Umstand, daß die Fallzahlen im Promillebereich liegen. Allein schon deshalb darf der Kampf gegen den Extremismus nicht von viel größeren offenen Flanken hinsichtlich unserer Verteidigungsfähigkeit ablenken. Zumal die Soldaten diese nur mit gesamtgesellschaftlichem Rückhalt schließen können.
 
Jan-Phillipp Weisswange

Freitag, 24. Januar 2020

Steilfeuer-SCORPION: MEPAC für französische Streitkräfte

Paris (ww) Die französischen Streitkräfte beschaffen im Rahmen ihres Modernisierungsprogramms SCORPION den Mörserträger MEPAC. MEPAC steht für Mortier Embarqué pour l‘ Appui au Contact, also etwa „Fahrzeuggestützter Mörser zur Feuerunterstützung bei Feindberührung“. Ein Entsprechender Auftrag erging Ende Dezember 2019 durch die französische Beschaffungsbehörde DGA an das Firmenkonsortium aus Nexter, Arquus und Thales.
Konzeptstudie des VBMR Griffon MEPAC (Grafik: Nexter)

Als Trägerfahrzeug dient das im Rahmen des SCORPION-Programms bereits gerüstete Véhicule Blindé Multi-Role (VBMR, gepanzertes Mehrzweckfahrzeug) „Griffon“, welches mit der 120mm-Mörserwaffe 2R2M (Rifled Recoiled Mounted Mortar) von Thales ausgestattet werden wird. Insgesamt sollen 54 MEPAC beschafft werden, wodurch die Zahl der Griffon-Fahrzeuge auf 1.872 steigen wird. Das erste Fahrzeug soll 2023 zulaufen. Die Lieferungen sollen 2027 abgeschlossen werden.
Die Thales-Mörserwaffe 2R2M ist speziell für den fahrzeuggestützten Einsatz entwickelt worden und wiegt rund 1.500 Kg. Die Waffe verfügt über ein gezogenes Rohr und ein halbautomatisches Ladesystem. Die Reichweite mit normaler Munition liegt bei 8.100 Metern, mit reichweitengesteigerter Munition(Raketenmotor) kann sie auf etwa 13 Kilometer wirken.

Die 2R2M-Mörserwaffe von Thales (Foto: JPW)
Eine typische Fahrzeugbesatzung besteht aus vier Soldaten: Kommandant, Fahrer sowie Richt- und Ladeschütze. Wirkungsfeuer kann in weniger als einer Minute erfolgen, anschließend kann das Fahrzeug die Feuerstellung sofort verlassen. Die Schussfolge liegt bei zehn Schuss pro Minute.
Die Thales-Mörserwaffe 2R2M befindet sich bisher bei vier Nutzerstaaten im Einsatz, die französischen Streitkräfte führen sie erstmals ein. Dabei handelt es sich nach Angaben des Firmenkonsortiums  um eine nochmals modifizierte Version mit Verbesserungen an der Systemarchitektur sowie an der Optronik.  Auch der Griffon wird modifizert, um Waffenanlage, Bediener und Munitionsvorrat aufnehmen zu können. Ebenso erhält er vergrößerte Dachluken.

www.nexter-group.fr
www.arquus-defense.com
www.thalesgroup.com

Mittwoch, 22. Januar 2020

Kostümkunde/Gearcheck: Grau als neue Barettfarbe im Österreichischen Bundesheer

Wiener Neustadt (ww) Grau ist alle Theorie, heißt es. Die Ausbildung an der traditionsreichen Theresianischen Militärakademie ist aber alles andere als nur theoretisch. Schließlich werden dort seit 1752 vor allem Offiziere aus- und fortgebildet. Heute durchlaufen alle Truppenoffiziere des Bundesheeres dort ihre Ausbildung, aber auch ausländische Armeeangehörige. Gleichwohl hält in der Militärakademie derzeit die Farbe Grau Einzug - und zwar bei den Baretten der Kadetten.
Im Rahmen eines Appells erhielten die Kadetten ihre neuen grauen Barette. (Foto: Bundesheer)
Bisher hatten die Angehörigen der am 14. Dezember 1751 durch Maria Theresia gegründeten Kaderschmiede - immerhin eine der ältesten Ausbildungseinrichtungen ihrer Art in Europa - grüne Barette getragen. Im August letzten Jahres war die Umkleidung beschlossen worden. Jetzt wurden die neuen Kopfbedeckungen übergeben.

www.milak.at

FuBeSi für SIG MG 338 - neues Maschinengewehr in .338 Norma Magnum für das US SOCOM

Fort Bragg (ww) Das SIG MG 338 hat die Zertifizierung der Funktions- und Betriebssicherheit (FuBeSi) erhalten. Das United States Special Operation Command (USSOCOM) hat gemeinsam in enger Kooperation mit SIG Sauer weiterhin neben dem neuen Maschinengewehr auch die 338 Norma-Magnum-Munition und die SIG Sauer-Signaturreduzierer der neuesten Generation zertifiziert. In der Folge hat SIG Sauer mehrere komplette Systeme – Waffen, Munition und Schalldämpfer – an die Truppe ausgeliefert. Alle Komponenten sind in den USA von SIG Sauer entwickelt worden und werden dort auch durch die Firma produziert.
Das neue SIG MG 338 in Flat Dark Earth. (Foto: SIG Sauer)
Das SIG MG338 ist ein gurtgeladenes, leichtes mittleres Maschinengewehr im Kaliber .338 Norma Magnum (8,6 x 64 mm). Es fällt mit etwas weniger als zehn Kilogramm vergleichsweise leicht aus. Die Waffe arbeitet mit einem Kurzhub-Gaskolbensystem und verfügt über ein eigens entwickeltes Rückstoßminderungssystem, was den gefühlten Rückstoß dem einer Waffe in 5,56 x 45 mm vergleichbar machen soll. Die Waffe ist beidseitig bedienbar, Ladehebel und Zuführung lassen sich an beide Waffenseiten verlegen. Gehäusedeckel und Gurtzuführeroberteil lassen sich seitlich aufklappen, was die Ladetätigkeiten bei montierten Optiken und Vorsatzgeräten erleichtert. Ebenso lässt sich das MG in jedem Ladezustand sichern. Es sind verschiedene Läufe in unterschiedlicher Länge verfügbar.
Die Waffe fällt relativ lang, dabei aber vergleichsweise leicht aus (Foto: JPW)
Das SIG MG 338 ergänzt im infanteristischen Werkzeugkasten der US-Streitkräfte die derzeit in Nutzung befindlichen MGs. Im Vergleich zum  Universal-MG M240 – eine Version des legendären MAG von FN Herstal  in 7,62 mm x 51 – fällt es mit nur rund zehn Kilo fühlbar leichter aus. Dazu bringt es höhere Wirkung auf deutlich höhere Reichweiten ins Ziel. Mit bis zu 2.000 Metern reicht diese sogar an das Browning M2 im Kaliber .50 BMG (12,7 mm x 99) heran, wobei sich das SIG MG338 von einem Schützen bedienen lässt und nur etwa ein Viertel so viel wiegt. Ebenso reduziert der neue Schalldämpfer nach Firmenangaben nicht nur die Mündungssignaturen, sondern auch die gesundheitsschädlichen Auswirkungen der Mündungsgase auf den Schützen. 
SIG Sauer Inc.-Chef Ron Cohen wies auf die historische Bedeutung dieses Auftrags hin: „Erstmals seit Jahrzehnten hat das US-Militär ein neues Maschinengewehr, Munition und Schalldämpfer zeitgleich zertifiziert, die alle von derselben Firma stammen.“

www.sigsauer.com

Montag, 20. Januar 2020

Modernisierter Marder - Bundeswehr beauftragt Rheinmetall mit Schützenpanzer-Nutzungsdauerverlängerung

Seit 40 Jahren ist er das Arbeitspferd der deutschen Dragoner – jetzt wird der Marder erneut modernisiert. So hat die Bundeswehr Rheinmetall mit weiteren Maßnahmen zur Nutzungsdauerverlängerung des einsatzbewährten Schützenpanzers beauftragt. Damit soll die Leistungsfähigkeit des Gefechtsfahrzeugs, welches erstmals 1971 bei der Bundeswehr eingeführt wurde, erhalten und ausgebaut werden. Zwischen 2020 und 2023 soll Rheinmetall insgesamt 78 Umrüstsätze, Bord- und Sonderwerkzeuge, logistische Anteile, einen Ersatzteil-Erstbedarf sowie Ausbildungsleistungen an die Truppe liefern. Der Auftrag hat einen Wert von rund 110 MioEUR brutto.

Modernisierter Marder mit MELLS statt Milan (Foto: Carl Schultze via Rheinmetall)
Um die Kettenfahrzeuge für die kommenden Jahre bei der Bundeswehr einsatzbereit zu halten, wird der Antriebsstrang der 71 Fahrzeuge des Typs Marder 1A5 ersetzt. Erstmals wird dabei ein neues Triebwerkmodell verbaut, mit dem die Motorleistung des Marders von 600 auf über 750 PS gesteigert wird. Das neue Triebwerk steigert die Agilität des Schützenpanzers deutlich. Die Bundeswehr setzt hier auf eine neue und zugleich moderne und zukunftsweisende Lösung namhafter deutscher Hersteller.
Im Rahmen eines umfangreichen Entwicklungsvertrages gab es zuletzt bereits signifikante Modernisierungen für die Marder-Flotte. So wurde die neue Panzerabwehrwaffe Mehrrollenfähiges Leichtes Lenkflugkörpersystem (MELLS) in die verschiedenen Varianten des Schützenpanzers Marder integriert sowie auch ein neues Fahrersichtsystem, ein Wärmebildzielgerät sowie eine Feuerwarn- und Löschanlage beauftragt. Teile dieser Nutzungsdauerverlängerung sind bereits mit Serienverträgen beauftragt und befinden sich im Zulauf an die Truppe.
Ein neues Triebwerk steigert die Agilität des einsatzbewährten Schützenpanzers (Foto: Carl Schulze via Rheinmetall)
Im Mittelpunkt all dieser Maßnahmen zur Nutzungsdauerverlängerung geht es vor allem um die Beseitigung bekannter Obsoleszenzen des Marders. Dabei können einzelne Maßnahmen als modulare Umrüstsätze geliefert werden und – beispielsweise im Rahmen von planbaren Wartungsarbeiten – integriert werden, um die Verfügbarkeit der Fahrzeuge zu gewährleisten.
Der im Dezember 2019 durch die Bundeswehr erteilte Auftrag an Rheinmetall birgt Potential für weitere nutzungsdauerverlängernde Maßnahmen im In- und Ausland. Neben Deutschland nutzen auch Chile, Indonesien und Jordanien den Schützenpanzer Marder.
Als Entwickler und Systemhaus verfügt Rheinmetall über ausgewiesene Kompetenz und Erfahrung für den Schützenpanzer Marder. Das Waffensystem lief bei den Vorgängerorganisationen der heutigen Rheinmetall Landsysteme GmbH in Kassel von den Bändern. Der äußerst zuverlässige und einsatzerprobte Marder wird noch einige Jahre ein wichtiges Arbeitspferd der deutschen Panzergrenadiertruppe bleiben, auch wenn der Nachfolger Puma bald in einer Stückzahl von 350 Exemplaren bei der Truppe eingeführt sein wird.


www.rheinmetall.com



Donnerstag, 16. Januar 2020

Neue Karbon-Stativsätze für Scharfschützen-Gewehre G22A2 der Bundeswehr

Koblenz (ww) Zur Vollausstattung des Scharfschützengewehrs G22A2 (Accuracy International/Pol-Tec) gehören künftig neue Karbon-Stativsätze. Mit den neuen Stativen ist es den Scharfschützen der Bundeswehr  erstmals möglich, bis zur maximalen Kampfentfernung ohne Präzisionsverlust auch vom Dreibein aus operieren zu können.
Das G22A2 auf dem RRS-Karbonstativ (Foto: BAAINBw K6.2)
Die Stative stammen aus der S.O.A.R.-Serie des US-Herstellers Really Right Stuff. Es handelt sich um das Modell TFCT-24L Mk2. Es hat je nach eingestellter Position eine Tragekapazität von bis zu 32 Kilogramm und ist maximal 175 cm hoch. Die einzelnen Stativbeine bestehen aus vier Segmenten. Das TFCT-24L MK2 wiegt dank des Karbon-Materials nur 2.083 Gramm und lässt sich auf ein Packmaß von 66 cm Länge und zehn Zentimeter Durchmesser zusammenlegen. Zum Satz gehören weiterhin speziell für diese Stative entwickelte und hergestellte Trageausstattungen vom Hersteller Lindnerhof-Taktik GmbH aus dem bayerischen Lenggries.
Stativ in Transportstellung mit Tragevorrichtung von Lindnerhof (Foto: BAAINBw K6.2)
Hintergrund der Beschaffung sind taktisch-operative Vorteile. Nicht ohne Stolz teilt das zuständige Referat BAAINBw K6.2 mit, daß es mit der Auslieferung dieser Hochwertstative gelingt, den Ausstattungsumfang der Scharfschützen der Bundeswehr deutlich zu verbessern. So führt der taktische und operative Nutzwert eines guten Stativs bei drei von vier Beobachtungs-/ Schusspositionen (sitzend, kniend, stehend) zu einer erheblichen Befähigungssteigerung im Gesamtsystem. Die Stativsätze befinden sich aktuell in der Auslieferung an die Truppenteile der nutzenden militärischen Organisationsbereiche.

https://soar.reallyrightstuff.com
https://www.lindnerhof-taktik.de

Donnerstag, 9. Januar 2020

Fernspäher - eine Hochwertressource

„Oculus Exercitus“ lautet der lateinische Wahlspruch der deutschen Fernspäher. Das bedeutet auf Deutsch sowohl „Auge des Heeres“ als auch „geübtes Auge“. Nach Auflösung der Fernspählehrkompanie 200 gibt es keine eigene Fernspähtruppe und damit auch keine eigenständige Fernspähfähigkeit mehr. Doch vieles spricht dafür, sie wieder zu schaffen. Ein Diskussionsbeitrag.



Fernspäher gelten neben den Feldnachrichtenkräften als „menschliche Hochwertsensoren“, die völlig unabhängig von Plattformen oder Sensorträgern ihre Aufklärungsergebnisse gewinnen können. 

Eyes on Target! (Foto: Bundeswehr/HAufklS)
Klassischerweise erfüllen Fernspähkräfte folgende Aufträge:

- Gewinnen von Schlüsselinformationen für die taktische und operative Führungsebene durch Fernspähaufklärung,
- Beiträge zur Raum- und Lageaufklärung,
- Durchführen von Personen-, Objekt- und Zielaufklärung sowie
- Durchführung von Wirkungsaufklärung.

Diese Aufträge können sie in jeder Klimazone, auch in urbanem oder schwierigem Gelände und in bedrohlichen Lagen über mehrere Tage auf sich alleine gestellt durchführen.
Eine besondere Befähigung ist die Optronische Spezialaufklärung (OSA): Das Anfertigen von Stand- und Bewegtbildern in Zieldatenqualität bei Tag und eingeschränkter Sicht und deren Übertragung in Echtzeit. Die so gewonnenen Aufklärungsergebnisse dienen insbesondere zur Verifikation von Aufklärungsergebnissen anderer Aufklärungsträger oder zur positiven Identifikation gesuchter Personen.
Fernspäher im Beobachtungsstand (Foto: Bundeswehr/Christian Vierfuss)

Ein Fernspähtrupp besteht meist aus mehreren Soldaten mit unterschiedlichen Spezialisierungen – beispielsweise Scharfschütze, Sanitäter, Joint Terminal Attack Controller, Hochgebirgsspezialist, Fernmeldespezialist. Der Trupp kann zu Lande, zu Wasser oder aus der Luft in seinen Einsatzraum infiltrieren, nähert sich gedeckt an das Aufklärungsobjekt an und kann dann etwa sieben Tage lang autark von logistischen Versorgungsketten aufklären – häufig stationär, aber auch zu Fuß beweglich. Nach Auftragsende exfiltriert der Trupp unerkannt aus dem Einsatzgebiet. Abhängig von Bedrohungslage oder Gelände können Fahrzeuge Reichweite, Beweglichkeit und Durchhaltefähigkeit steigern.
Beschaffung von Bildmaterial (Foto: Bundeswehr/Christian Vierfuss)

Wie bei Spezialkräften üblich, ist die Personalauswahl für die Fernspäher von entscheidender Bedeutung. Besteht ein Aspirant das Auswahlverfahren, schließt sich eine umfangreiche und vielseitige Ausbildung an, die Verbringungs-, Infiltrations- und Verstecktechniken, eine erweiterte Erst-Hilfe-Ausbildung, besondere Schießtechniken und etliche weitere Themen umfasst. Bis zum Status „combat ready“ vergehen mehrere Jahre.



Fernspähkräfte im Laufe der Zeit
1962 als eigenständige Truppengattung aufgestellt, gehören die Fernspäher seit 2008 zum Kräfteverbund Heeresaufklärungstruppe. Bis 1996 gab es drei Fernspähkompanien – eine pro Heereskorps. Die Fernspäher sollten weit hinter den feindlichen Linien Erkenntnisse für die strategische Ebene gewinnen. Ab 1996 war die Fernspählehrkompanie 200 (Weingarten, später Pfullendorf) Träger der Fernspähfähigkeit. Aus den beiden anderen Fernspähkompanien 100 (erst Braunschweig, dann Celle) und 300 (Fritzlar) rekrutierte sich ein großer Teil der dem KSK zugehörigen Fernspähkommandokompanie. Diese gliederte allerdings zur 4. Kommandokompanie um. Die seinerzeit neu aufgestellte Spezialkommandokompanie führt unter anderem ebenfalls OSA-Kräfte.
Infiltration über Gewässer (Foto: Bundeswehr/Christian Vierfuss)
Nach der Auflösung der Fernspählehrkompanie 200 im Jahr 2015 ging die eigenständige Fernspähfähigkeit verloren. In den beiden Luftlandeaufklärungskompanien 260 und 310 gibt es derzeit jeweils noch zwei Fernspähzüge. Mit der Rückbesinnung auf die Landes- und Bündnisverteidigung erkannte man jedoch, daß diese auf zwei Einheiten verteilten Kräfte gerade im Hinblick auf den klassischen Einsatz im Rahmen der Landes- und Bündnisverteidigung (LV/BV)langfristig nicht ausreichen dürften. Der Aufklärungsbedarf auf Korpsebene im Rahmen der LV/BV ist ein anderer als der eines Auslandseinsatzkontingentes. Daher erwägt das Deutsche Heer gegenwärtig die Wiederaufstellung einer eigenen Fernspähkompanie und damit das Wiedererlangen einer eigenständigen Fernspähfähigkeit. Unzweifelhaft brächte dies auch im Hinblick auf Führungsgrundsätze, Ausbildungsmöglichkeiten und Weiterentwicklung Vorteile.



Einsatzgrundsätze und -erfahrungen
Damit Fernspäher ihre Wirkung voll entfalten zu können, müssen bestimmte Voraussetzungen für einen Fernspäheinsatz erfüllt sein. Um die Fernspähfähigkeit effektiv nutzen zu können, sollten seitens der militärischen Führung nicht bloß einzelne Trupps eingesetzt werden. Vielmehr muss eben die Fähigkeit abgebildet werden. Das bedeutet einen taktisch erforderlichen Mindestansatz – seinerzeit ging man von etwa 20 Dienstposten inklusive OSA-Auswerte- und Führungselement aus. Weiterhin müssen Fernspäher richtig und ebenengerecht geführt werden, also auf operativer Ebene aufgehängt werden. Weiterhin muss das Führungspersonal die Verfahrensweisen und Einsatzgrundsätze von spezialisierten Kräften kennen und verstehen – analog dem Grundsatz: „Spezialkräfte werden nur durch Spezialkräfte geführt“. Der Fernspäheinsatz benötigt darüber hinaus einen gewissen zeitlichen Vorlauf, da bestimmte Informationen anderer Aufklärungsträger bereitgestellt werden müssen, oder z. B. ein vorbereitender Einsatz durch Unmanned Aerial Systems erfolgen muss. Zudem müssen adäquate Fernmeldemittel. OSA-Mittel und schließlich auch Verbringungsmittel verfügbar sein.
Erfahrungen aus den Auslandseinsätzen haben dies bestätigt. Schon seit dem 2. ISAF Kontingent im Jahr 2002 erfüllten Fernspäher regelmäßig Aufträge. Weiterhin waren sie immer wieder  in die Task Force 47 integriert und leisteten direkte Unterstützung für Spezialoperationen und führten auch eigenständige Aufklärungsoperationen durch. Beinahe durchgehend stellte die Fernspählehrkompanie 200 eine Tactical Air Control Party (TACP) in den Kommandobereich Regional Command (North) (RC (N)) ab – ein Auftrag, der eigentlich nur als Zusatzqualifikation einzelner Fernspähtrupps in der Struktur der Kompanie abgebildet war. Darüber hinaus verstärkten Fernspähtrupps in unregelmäßigen Abständen Aufklärungskompanien auf PRT-, Ausbildungs- und Schutzbataillons- und RC (North)- Ebene.

Ausweichschießen (Foto: Jan-P. Weisswange)

Ab dem Januar 2011 befanden sich ca. 20 Fernspähoffiziere und -feldwebel der Fernspählehrkompanie 200 im RC (N) im geschlossenen Einsatz. Die Fernspähkräfte waren direkt dem Kommandeur des RC (N) in Mazr-i Scharif unterstellt. Er setzte sie auch direkt ein, um je nach Bedarfslage Aufklärungsschwerpunkte zu bilden oder Erkenntnisse anderer Aufklärungsträger zu verifizieren. Damit, dass eine so starke Fernspähteileinheit ebenengerecht und auf für sie ausgewiesenen Dienstposten in Afghanistan zu Wirkung gebracht wurde, war seinerzeit erstmals eine wesentliche Erfahrung aus den bisherigen Einsätzen umgesetzt worden.



Ausblick
Fernspäher sind in der Lage, Aufklärungsergebnisse hochflexibel, in schwierigem Gelände, in allen Klimazonen, über mehrere Tage, auch in bedrohlichen Lagen, autark und unerkannt zu gewinnen. Weiterhin können sie Aufklärungsergebnisse anderer Teilfähigkeiten verifizieren oder erheblich „verfeinern“ oder ergänzen. Ihr Einsatzwert erhöht sich erheblich, wenn sie gemäß ihrer Einsatzgrundsätze geführt und ebenengerecht eingesetzt werden. Fernspäher als bessere „leichte Spähgruppen“ einzusetzen heißt, eine Hochwertressource zu vergeuden. Egal, ob Einsatz im erweiterten Aufgabenspektrum oder ob Landes- und Bündnisverteidigung: Die Fernspäher gehören als eigenständige Hochwertressource auf die operative Ebene! Im Hinblick auf die sich rasch wandelnden Gefechtsfelder und den technologischen Wandel kommt es weiterhin darauf an, die Fernspähfähigkeit auch im Verbund mit anderen Kräften des sicherheitspolitischen Instrumentariums stetig weiterzuentwickeln. Das Wiedererlangen einer eigenständigen Fernspähfähigkeit - etwa durch die Wiederaufstellung einer Fernspähkompanie - wäre daher sehr zu begrüßen.






Jan-Phillipp Weisswange


Montag, 6. Januar 2020

PANG - Glock 17 Gen 5 wird neue Dienstpistole der französischen Streitkräfte

Paris/Deutsch Wagram (ww) Das Rennen um die neue französische Dienstpistole mit dem klangvollen Namen PANG ist entschieden. Die österreichische Firma Glock erhielt den Auftrag, die neue Pistolet Automatique de Nouvelle Génération, also Selbstladepistole neue Generation zu liefern. Die von den Poilus ausgewählte Glock 17 Gen 5 hat ein Tan-farbenes Griffstück und einen schwarzen Verschluss.
Die PANG für die Poilus: Glock 17 Gen 5 (Foto: DGA)


Sie soll bis 2022 die noch im Dienst befindlichen MAC50 und  PAMAS G1 (eine Lizenzfertigung der Beretta 92F) ablösen. Insgesamt sollen 74.596 Pistolen zulaufen. Rund  80 Prozent der Pistolen gehen an das Heer, zehn Prozent an die Luftwaffe und acht Prozent an die Marine.
Die französischen Streitkräfte hatten das PANG-Projekt im Frühjahr 2019 auf den Weg gebracht. Das Kaliber der Waffe war dabei vorgegeben: Es bleibt bei der bewährten Patrone 9 mm x 19. Ausgeschrieben waren ebenfalls passende Holster (die Blackhawk T-Serie, hier bereits vorgestellt), 7.000 Schalldämpfer-Kits, 15.000 Laser-Licht-Module, 9.000 Trainingswaffen, 45 Millionen Patronen mit Vollmantelgeschoss, zwei Millionen Patronen Unterschallmunition, vier Millionen Patronen Markierungsmunition und weiteres Zubehör. Als Munitionshersteller wurde die tschechische Firma Sellier&Bellot ausgewählt. Die Ausbildungs-Kits kommen von UTM.

Als Holster wählten die französischen Streitkräfte die Blackhawk T-Serie (Foto: Glock)
In der PANG-Endausscheidung befand sich neben Glock noch die kroatische Firma HS Product. Der Auftragswert des PANG-Projektes liegt bei 44 Millionen Euro.
www.glock.at

Freitag, 3. Januar 2020

Rauhnächte Readings (III): NATO Special Forces von Sören Sünkler


Nürnberg (ww) Spezialkräfte haben in den NATO-Staaten während der letzten Jahre erheblich an militärischer Bedeutung gewonnen und es bleibt absehbar, daß sich dies auch mit einer Rückbesinnung auf die Landes- und Bündnisverteidigung nicht ändern wird.




Das war nicht immer so, gerade in der Bundeswehr. Ich erinnere mich gut an die Schilderungen meines Kollegen und Kameraden Marineredakteurs aus meinem Verlag. Der Kapitän zur See a. D. berichtete von dem Stabsrahmenübungen während seines Admiralstabslehrgangs mitten im Kalten Krieg. In diesen Trainings hatten die stolzen Seebären der Blue-Water-Navy stets Schwierigkeiten, was sie mit den Kampfschwimmern – die ältesten Spezialkräfte der Bundeswehr – anfangen sollten. Immerhin setzten sie sie seinerzeit zur Aufklärung feindlicher Häfen ein.

Kurz vor dem Jahreswechsel erreichte mich Sören Sünklers neues Buch zu der Thematik NATO-Spezialkräfte, und bereits an dieser Stelle sei verraten, daß ich ihm umgehend zu dieser ungeheuerlichen Fleißarbeit gratulierte.



Sören behandelt in diesem 208 Seiten starken Werk umfassend die Geschichte der Spezialkräfte der NATO-Staaten, und zwar von der Gründung des Atlantischen Bündnisses bis heute. Dabei arbeitet er die unterschiedlichen Traditionslinien – etwa die britischen Commandos mit ihren zahlreichen Einheiten aus Exileuropäern oder der  britische SAS einerseits, eigene italienische, deutsche oder osteuropäische andererseits – ebenso heraus wie die zahlreichen Wandlungen, denen die Spezialkräfte unterlagen: NATO-Osterweiterung und Integration ehemaliger Warschauer-Pakt-Einheiten, Einsätze im erweiterten Aufgabenspektrum, hybride Kriegführung, Rückbesinnung auf Landes- und Bündnisverteidigung, Integration weiblicher Operators, UAV-Bediener und Cyber-Spezialisten.

Das Buch gliedert sich in zwei große Teile. Im ersten guten Drittel behandelt es zunächst die Geschichte der NATO und der Spezialkräfte, bevor es die heutigen Strukturen, Doktrinen und Aufträge (vor allem Special Reconnaissance, Direct Action und Military Assistance) der NATO-SOF aufzeigt. Ebenso werden Übungen und Einsätze beschrieben. Im zweiten, naturgemäß umfangreicheren Teil stellt der Autor die Spezialkräfteverbände der einzelnen NATO-Mitgliedstaaten umfassend vor.

Das großformatige Buch ist durchgängig mit informativen Bildern und Grafiken illustriert, so daß auch Waffen- und Ausrüstungsinteressierte voll auf ihre Kosten kommen.
Dem Autor ist dabei bewusst, daß er nur einen temporären Einblick geben kann und daß Spezialkräfte nur im Zusammenwirken mit den übrigen Streitkräften sowie weiteren Akteuren des sicherheitspolitischen Instrumentariums ihre volle Wirkung entfalten können. Fazit: Ein topaktueller Überblick über die faszinierende Welt der Spezialkräfte des Atlantischen Bündnisses.

Sünkler, Sören: NATO Special Forces. Nürnberg 1/2019: S. Ka.-Verlag. ISBN-13: 978-3981579598. 208 Seiten, durchgängig farbig bebildert. Festeinband, 44,00 €

KFK für KSK und KSM - Bundeswehr beschafft MBDA-Kleinflugkörper Enforcer als Leichtes Wirkmittel 1800 plus

Koblenz/Schrobenhausen (ww) Das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) hat MBDA mit der Lieferung von Enforcer-Lenkflugkörpersystemen beauftragt. Der Vertrag für das "Leichte Wirkmittel 1.800 plus" wurde am 20. Dezember unterzeichnet.
Der KFK Enforcer lässt sich von einem Soldaten einsetzen (Foto: MBDA)
Mit der Beschaffung der Lenkflugkörper werden die Anforderungen der Bundeswehr an ein leichtes, präzises, bei Tag und bei Nacht einsetzbares Lenkflugkörpersystem mit einer Reichweite von mehr als 1.800 Meter erfüllt. Enforcer wird die ungelenkte Munition des Wirkmittel 90 ergänzen. Vorerst soll der Kleinflugkörper (KFK) Enforcer zunächst bei dem Kommando Spezialkräfte (KSK) des Heeres und dem Kommando Spezialkräfte der Marine (KSM) eingesetzt werden.
Der KFK Enforcer ist ein leichter, von einem Soldaten zu bedienender schultergestützter Lenkflugkörper mit einer Reichweite von bis zu zwei Kilometern. Er nutzt die auch beim Wirkmittel 90 genutzte Dynahawk-Optik aus dem Hause Hensoldt und lässt sich bei Tag und Nacht einsetzen. Mit seinem Multieffektgefechtskopf kann der unter sieben Kilo wiegende Flugkörper gegen leicht gepanzerte und weiche Ziele wirken – auch, wenn diese sich bewegen. Ebenso weist er Luftsprengpunktfähigkeit auf, wodurch er auch Ziele in und hinter Deckungen bekämpfen kann. Das Systemgewicht – zwei Startrohre und ein Feuerleitvisier – liegt bei unter 20 Kilo. Die einsatzbereite Waffe wiegt unter neun Kilogramm und lässt sich auch aus umschlossenen Räumen heraus einsetzen. Weiterhin handelt sich um ein Fire-and-forget System, welches im lock-on before launch-Modus arbeitet.
Enforcer gehört nun mit Brimstone 3 und der MMP zur neuen Lenkflugkörperfamilie der MBDA. Er  ist das Ergebnis einer multinationalen MBDA-Entwicklungskooperation. Der modulare Aufbau des Lenkflugkörpers eröffnet zukünftige Entwicklungsoptionen für Land-, Luft- und Seeanwendungen. MBDA wird nun die Qualifizierung für Enforcer abschließen und die Serienproduktion vorbereiten.

www.mbda-systems.com

Donnerstag, 2. Januar 2020

Rauhnächte Readings (II): Sprengstoffe, Treibmittel, Pyrotechnika von Ernst-Christian Koch

Kaiserslautern (ww) "Silvester mag ich nicht – da knallen auch die Amateure." Diese humorvollen Neujahrswünsche erreichten mich kurz vor Beginn der Roaring Twenties.  Leser, die mir auf Twitter oder Instagram folgen (in beiden Fällen @JPW_FIDES) haben diesen Literaturtipp bereits erwartet: Wer sich in der Tat nicht nur als Amateur an Silvester mit dem Teilgebiet der Chemie, welches Knallen, Stinken und Leuchten gelungen miteinander verbindet, befassen will, der kommt um das Standardwerk „Sprengstoffe, Treibmittel, Pyrotechnika“ aus der Feder von Dr. Ernst-Christian Koch, FRSC nicht herum.


Die vor wenigen Monaten vorgelegte zweite Auflage des Lexikons bietet auf 627 Seiten 686 alphabetisch geordnete Sacheinträge. Darin beschreibt der Autor, promovierter Chemiker und Inhaber der Lutradyn Energetic Materials Science & Technology Consulting in Kaiserslautern, die physikalisch-chemischen Eigenschaften, Leistung, Empfindlichkeit, GHS- sowie REACH-Einstufung von 415 gängigen chemischen Metallen, Nichtmetallen und Verbindungen, die als Explosivstoffe, Oxidatoren, Brennstoffe, Bindemittel und Additive zum Einsatz kommen sowie die thermochemischen Eigenschaften von 435 Reinstoffen die als Reaktionsprodukte auftreten können. Außerdem informiert das Lexikon über die Zusammensetzung, Leistung und Empfindlichkeit von knapp 300 Sprengstoff- und Treibmittelformulierungen sowie von ca. 150 pyrotechnischen Sätzen. Weiterhin beschreibt der Autor zivile und militärische Anwendungen für Explosivstoffe, deren chemische und physikalische Grundlagen, Prüfverfahren, Institutionen und stellt überdies Personen vor, die sich international um die Entwicklung und Untersuchung von Explosivstoffen verdient gemacht haben. Sogar die Heilige Barbara ist in diesem Standardwerk vertreten! 100 zum Teil farbige Abbildungen, 160 Tabellen, 228 Strukturformeln, über 1200 Literaturstellen zur Primärliteratur, 1700 Einträge im Sachverzeichnis sowie die englische Übersetzung aller Sacheinträge runden dieses kenntnisreiche Sachbuch ab.
Ernst Christian Koch hat mit seinem Buch ein unverzichtbares Standardwerk für alle diejenigen geschaffen, die sich mit Sprengstoffen, Treibmitteln, pyrotechnischen Sätzen, Feuerwerkskörpern oder Munition befassen – egal, ob als Berufsanfänger oder für die Weiterbildung.

Koch, Ernst-Christian: Sprengstoffe, Treibmittel, Pyrotechnika. Berlin, Boston ²2019 (1/2017): Walter de Gruyter GmbH. ISBN-13: 978-3110557848. 627 Seiten, Pappband, 99,95 €