Koblenz (ww) Erst kürzlich hatten wir dem
Transportpanzer Fuchs zu seinem 40jährigen Dienstjubiläum gratuliert. Eine noch verhältnismäßig neue Version läuft derzeit der Truppe zu, nämlich der TPz Fuchs 1A8 Kampfmittelaufklärung und -identifizierung (KAI). Die Auslieferung der Seriensysteme erfolgt derzeit und soll noch 2020 abgeschlossen werden. Das Auftragsvolumen liegt bei einem mittleren zweistelligen Millionenbetrag.
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Der Truppenpanzer Fuchs KAI bei der Kampfmittelaufklärung mit ausgefahrenem Multifunktionsarm. (Foto: Gerd Benndorf/Bundeswehr) |
Das von Rheinmetall neu entwickelte, hoch komplexe und leistungsfähige System soll zum Schutz der Truppe vor Kampfmitteln, Minen und Sprengfallen (Improvised Explosive Devices, IED) beitragen. Der TPz Fuchs 1A8 KAI hat ein Gefechtsgewicht von 23,5 Tonnen und erreicht dank seiner 320 PS Triebwerksleistung eine Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h. Die Besatzung besteht aus vier Soldaten. Dank einer leistungsfähigen Optronik und eines mehrgliedrigen, präzisen und vielseitigen Manipulatorarms mit Hochleistungssensorik können die Kampfmittelabwehrkräfte der Pioniertruppe verdächtige Objekte aus sicherer Entfernung aufklären, markieren, freilegen und identifizieren. Insgesamt sieben Transportpanzer Fuchs in der Variante KAI wurden durch die deutschen Streitkräfte beauftragt, vier sind davon bereits ausgeliefert.
Bei dem Trägerfahrzeug des KAI handelt es sich um die derzeit modernste Ausführung 1A8 des bewährten Transportpanzers. Diese verfügt über einen hohen Schutz gegen Minen und Sprengfallen sowie über moderne Schutzelemente und Minenschutzsitze zur Entkoppelung der Besatzung vom Wannenboden.
Der lange Arm der Kampfmittelbeseitiger
Hervorstehendes Merkmal der Fuchs KAI-Variante ist der bereits erwähnte mehrgliedrige, hochpräzise Manipulatorarm mit über zehn Meter Arbeitsreichweite und hoher Tragkraft von 400 kg. Dieser ermöglicht es den Kampfmittelabwehrkräften, aus dem TPz KAI heraus verdächtige Stellen abstandsfähig zu untersuchen und Kampfmittel sowie Sprengfallen präzise aufzuklären und zu identifizieren.
Der Manipulatorarm kann, neben dem Grundwerkzeug, zwei weitere Werkzeuge aufnehmen. Hierzu zählt zunächst ein Dualsensor. Dabei handelt es sich um die 80-cm-Variante des im Route Clearance System genutzten Sensors. Mit diesem können verdächtige Stellen untersucht und festgestellt werden, ob ein Kampfmittel vergraben wurde.
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Überprüfung einer verdächtigen Stelle mittels Dualsensor. Dieser kombiniert einen Metalldetektor mit einem Bodendurchdringungsradar. (Foto: Christian Unger/Bundeswehr) |
Weiterhin gibt es eine Toolkamera. Mit diesem am Schwenkneigekopf angebrachtem Gerät lassen sich schwer einsehbare Stellen wie Entwässerungsrohre oder -rinnen, Rand- und Unterseiten von Brücken oder Bereiche hinter Mauern optisch aufklären, um feststellen zu können, ob beispielsweise eine Sprengfalle eingebracht wurde. Zur visuellen Aufklärung verfügt das System über eine leistungsfähige Optronik. Eine neue Optronik-Wisch- und Waschfunktion ermöglicht es, die Aufklärungskameras schnell während des laufenden Einsatzes zu reinigen. Hierdurch erhöht sich die taktische Flexibilität des Systems nochmals.
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Die Kameras am Multifunktionsarm dienen zur visuellen Kampfmittelaufklärung und liefern Bilder auch von schlecht einsehbaren Stellen. (Foto: Christian Unger/Bundeswehr) |
Ein weiteres Kernelement des KAI ist sein Water-Air-Spade-System, ein Wasser-Luft-Spaten, welcher mit einem Arbeitsdruck von 400bar wirken kann, sowie ein Reißzahn. Damit können die Kampfmittelabwehrkräfte in Verdachtsfällen ein nicht eindeutig identifizierbares Objekt freilegen. Das Markieren kann sowohl digital im System durch eine eindeutige GPS-Koordinate als auch mit einer optischen Markiereinrichtung für den abgesessenen Fachmann erfolgen.
Mit einem am Manipulatorarm adaptierbaren Personenrettungssystem können zudem im Bedarfsfall Personen aus einem Gefahrenbereich gerettet werden.
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Der Fuchs KAI aus Sicht des Kampfmittels (Foto: JPW) |
Die deutschen Streitkräfte machen mit dem TPz Fuchs 1A8 KAI einen Quantensprung bei der Kampfmittelabwehr. Er ergänzt die Ausstattung des schweren Kampfmittelabwehrzuges der Bundeswehr und soll Gefahrenstellen aufklären, die vom Route Clearance System (RCS) – ebenfalls anteilig von Rheinmetall entwickelt – nicht erreicht werden. Weiterhin soll der TPz KAI ein vom RCS unabhängig operierendes Kampfmittelaufklärungssystem sein, das Konvoi-begleitend Gefahrenstellen („Vulnerable Points“) aufklärt.
Vier weitere RCS für die Bundeswehr
Rheinmetall hatte erstmals 2011 sieben sogenannte DEU Route Clearance Systeme als Teil des „Schweren Kampfmittelabwehrzuges“ an die Bundeswehr ausgeliefert. Ein Gesamtsystem besteht aus fünf Fahrzeugen, die jeweils für die Aufklärung, Freilegung und Vorbereitung der Beseitigung von Sprengfallen durch Kampfmittelabwehrkräfte sowie für die Führung und den Transport eingesetzt werden.
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Fuchs 1A8 Bedienertruppfahrzeug (r.) sowie Multi FSA mit Wiesel-Detektorfahrzeug (Foto: Rheinmetall) |
Vom RCS befinden sich derzeit vier weiteren Exemplare als Ergänzungsbeschaffung im Zulauf. Hierzu wurde Rheinmetall im Dezember 2019 beauftragt. Das Auftragsvolumen beläuft sich auf einen niedrigen zweistelligen Millionenbetrag. Der Vertrag hat eine Laufzeit von rund vier Jahren.
Rheinmetall wird im Rahmen der beauftragten Arbeiten fünf Transportpanzer Fuchs 1A8 in Bedienertruppfahrzeuge sowie vier Luftlande-Waffenträger Wiesel 1 in Detektorfahrzeuge umrüsten. Im Lieferumfang sind ebenfalls sieben Reserve-Dualsensoren und weitere logistische Anteile enthalten. Bei den Dualsensoren, die eine Schlüsselkomponente des Route Clearance Systems sind, handelt es sich um eine neue, obsoleszenzbereinigte Version.
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Wiesel-Detektorfahrzeug mit Bodendurchdringungsradar (Foto: Rheinmetall) |
Das ferngesteuerte Kettenfahrzeug Wiesel, das über einen neu entwickelten integrierten Dualsensor mit Bodenradar (Ground Penetrating Radar) sowie Metalldetektor verfügt, übernimmt in dem DEU Route Clearance System die Detektion von Minen und Sprengfallen im zu untersuchenden Straßen- oder Geländeabschnitt.
Als mobiler und hoch geschützter Führungsstand kommt der Fuchs 1A8 Transportpanzer zum Einsatz, der mit Bedienständen für die Fahrsteuerung und Systemen für die Auswertung der Signale des Dualsensors ausgestattet ist.
Das separat durch die Bundeswehr beauftragte Kampfmittel-Verifikationsfahrzeug (sogenannter Manipulator) übernimmt die ferngesteuerte Überprüfung verdächtiger Objekte. Über ein integriertes Videosystem wird dem Bedienpersonal an Bord des Fuchs-Führungsfahrzeugs jederzeit ein direktes Lagebild übermittelt. Das Fahrzeug stammt ursprünglich von der Firma MineWolf.
Zum Transport der Fahrzeuge im DEU Route Clearance System dienen Logistikfahrzeuge vom Typ Multi FSA von Rheinmetall MAN Military Vehicles (RMMV).
www.bundeswehr.de
www.rheinmetall.com