Wien (ww) Der Österreichische Generalstab hat in Abstimmung mit Verteidigungsminister Mario Kunasek eine schonungslose Analyse zur Einsatzfähigkeit des Bundesheeres vorgelegt. Die online als pdf verfügbare Broschüre macht auf die Diskrepanz zwischen dem Verfassungsauftrag zur Landesverteidigung, der Budgetlage und dem Realzustand des Bundesheeres aufmerksam. Der Chef des Generalstabs, General Robert Brieger: "Ich erachte es als meine Pflicht, eine realistische Einschätzung über die Situation des Bundesheeres sowie dessen absehbare Entwicklung unter Zugrundelegung der budgetären Rahmenbedingungen vorzunehmen. Das Ergebnis ist sehr klar: Das Bundesheer hat sich in den letzten beiden Jahrzehnten von der eigenständigen Fähigkeit zur Landesverteidigung dramatisch entfernt." Das Bundesheer stehe, so Brieger weiter, "erstmalig seit seinem Bestehen vor dem Scheideweg, ob es seine Kernaufgabe als bewaffnete Macht der Republik Österreich überhaupt noch wahrnehmen kann, oder eben nicht."
Das Papier ist absolut lesenswert - vor allem, weil sich die traditionell hervorragende österreichische strategische Analysefähigkeit wohltuend von der hierzulande üblichen Gefälligkeitsgutachten-Worthülsenakrobatik abhebt. In dem Dokument finden sich deshalb auch einige für die deutsche Diskussion bemerkenswerte Vorschläge: Etwa die "Nutzung neuer Technologien wie künstlicher Intelligenz und autonomer Systeme sowie Abwehr zerstörerisch-disruptiver Technologien", die "Wiederherstellung der Feldverwendungsfähigkeit der Grundwehrdiener durch eine Verlängerung des Wehrdienstes", die "ständige rasche Reaktionsfähigkeit des Bundesheeres zur militärischen Präsenz an neuralgischen Punkten des öffentlichen Lebens" oder auch die Erhöhung der Einsatzbereitschaft durch Wiedereinführung von häufigen, regelmäßigen und verpflichtenden Übungen der Miliz." Fazit: Es bleibt zu hoffen, daß die Botschaften des Bundesheeres auf fruchtbaren Boden fallen. Davon unabhängig: Dieses Papier sollte Pflichtlektüre bei Streitkräften und Strategic Community in Deutschland werden. So macht man Weißbuch!
www.bundesheer.at